Grundwasserabsenkung in der Baugrube made smart – darum dreht sich der Use Case der 39. IIoT Use Case Podcastfolge. Turck und Hüdig digitalisieren Wasserpumpen und lassen Worst Case Szenarien wie überlaufende Baugruben der Vergangenheit angehören. Die Interviewgäste dieser Folge: Olaf Ophoff (Turck), Sai Seidel-Sridhavan (Turck) und Christoph Kehe (Hüdig).
Zusammenfassung der Podcastfolge
„In der IT-Welt ist alles möglich: Wenn die Daten einmal digital da sind, dann sind die Möglichkeiten unbegrenzt.“
Der Use Case handelt vom Prozess der Grundwasserabsenkung und wie dieser durch eine ganzheitliche digitale Lösung auf vielfältige Weise optimiert wird. Wann braucht man eine Grundwasserabsenkung? Kurz gesagt immer dann, wenn man ein Bauvorhaben unternimmt, bei dem man auf Grundwasser stoßen kann. Zur klassischen Anwendungszielgruppe zählen größere Baufirmen, Tiefbauunternehmen oder Dienstleister der Wasserhaltung. Um die Baugrube trocken zu halten, können unterschiedliche Systeme Anwendung finden. Beim System von Hüdig handelt es sich um ein Pumpaggregat, das das Wasser via Vakuumlösung abpumpt. Die Praxisanwender dieser Pumpen wünschten sich vom Hersteller ein Monitoring, eine Möglichkeit die Grundwasserabsenkung digital zu überwachen – auch aus der Ferne. So wurde der Einsatz der smarten Cloudlösung in Zusammenarbeit mit Turck geboren.
Das Kerngeschäft von Turck ist die Automatisierungswelt. Der Mittelständler versteht sich als Enabler digitaler Lösungen, indem er seinen Kunden branchenübergreifend Elektronik, Steuerungstechnik, -software und -plattform bietet und diese sich ihre Applikation nach modularem Baukastenschema zusammensetzen können. Im Fall des Use Cases dieser Podcastfolge wurde mit einer Technologie gearbeitet, die es ermöglicht, Komponenten, die früher ortsgebunden und kostenintensiv im Schaltschrank ihren Platz fanden, direkt auf der Maschine anzubringen – eine Dezentralisierung an der Anlage mit vielen Mehrwerten, die im Laufe dieser Folge ausführlich thematisiert werden. Das Gerät ist mit einem Touchdisplay ausgestattet, welches die gewonnen Daten direkt visualisiert, und auch die Steuerungstechnik ist bereits integriert. Quasi „Huckepack“ können Zusatzmodule wie serielle Schnittstellen oder Funkverbindungen für die Cloud aufgesattelt werden.
Die digitale Datengewinnung ermöglicht das frühzeitige Erkennen von Störungen und verhindert unmittelbar größere Wasserschäden, indem es den betroffenen Anwendern automatisch Mitteilung gibt. Das ist wichtig, denn die Pumpen zur Grundwasserabsenkung müssen 24/7 performen, sind in der Regel allerdings am Baustromverteiler angeschlossen, der nicht immer mit stabilem Stromnetz glänzt. Auf diese Weise kann hohen Kosten vorgebeugt werden. Vorausschauend wird auch die Wartung, indem Serviceintervalle und Zustände der Pumpe anhand von Daten wie Betriebsstunden oder Vakuumwerten überwacht werden. Ziel von Automatisierung sollte es jedoch sein, nicht so viele Daten wie möglich in die Cloud zu holen, sondern nur die, die wirklich sinnstiftend sind, so Turck.
Außerdem Thema dieser Podcastfolge: Pay Per Use als Mittel der Wahl bei Cloudlösungen, Smart Data statt Big Data, Optimierung von Informationsketten und Mehrwerte in der Intralogistik.
Podcast Interview
Hallo Olaf, hallo Sai und hallo Christoph, herzlich willkommen zum IIoT Use Case Podcast. Schön, dass ihr mit dabei seid und dass ihr euch die Zeit genommen habt. Ich würde einfach direkt mit einer kurzen Vorstellungsrunde starten. Olaf, magst du ein paar Punkte zu dir sagen und uns schon einmal kurz abholen, was ihr bei Turck vom Kerngeschäftsmodell her genau macht?
Olaf
Sehr gern, ich freue mich auch. Ich bin Olaf Ophoff und leite den Geschäftsbereich Automation Systems. Wir befassen uns bei Turck mit allem rund um die Automatisierung und Automatisierungslösungen. Turck ist ein mittelständisches Unternehmen mit 640 Millionen Euro Umsatz und rund 4.500 Mitarbeitern weltweit. Dazu gehört vor allem die ganze Produktkette, die man in der Automatisierung braucht, um Lösungen zu erstellen – sprich von der Sensorik über die Feldbustechnik, Steuerungstechnik, über Kabel bis hin zur Cloud. Und das ist das Thema, das wir heute mitgebracht haben.
Sai, ich übergebe direkt an dich, dann kannst du dich gleich anschließen mit deiner kurzen Vorstellung.
Sai
Ich bin Sai Seidel-Sridhavan und im Corporate Marketing bei Turck hauptsächlich fürs Product Marketing verantwortlich.
Vielen Dank. Ihr habt ja auch euren Kunden heute mitgebracht. Christoph, magst du dich auch kurz vorstellen und ein paar Punkte zu eurem Kerngeschäft bei Hüdig sagen?
Christoph
Mein Name ist Christoph Kehe. Ich bin Elektrikermeister und Automatisierungstechniker bei der Firma Hüdig und arbeite hier aus dem schönen Celle nahe Hannover. Die Firma Hüdig ist ein 1902 gegründetes Unternehmen und hat ursprünglich mit Dreh- und Frästeilen im Maschinenbauzubehör angefangen. Dann hat man aber relativ früh die ersten Beregnungs- und Pumpaggregate entwickelt. In dem Bereich gehören wir hier in Deutschland bis Europa mittlerweile durchaus zu den Marktführern. Heute haben wir euch ein schönes Projektbeispiel aus dem Bereich der Grundwasserabsenkung mitgebracht. Die Thematik tritt immer auf, wenn das Wasser da weggepumpt werden muss, wo es gerade stört.
Ich würde da auch gleich noch mal im Detail nachfragen, was die Grundwasserabsenkung genau bedeutet und wie man mit IoT vielleicht helfen kann. Vorab kurz die Frage an dich, Sai. Ihr seid jetzt mit ganz unterschiedlichen Kunden unterwegs. Was siehst du denn für neue Herausforderungen in Richtung Digitalisierung, die euch bewegen?
Sai
Ein wichtiger Punkt, den wir in den letzten Jahren immer stärker merken – gerade von unseren Kunden und das ist sehr branchenübergreifend – ist der sogenannte modulare Maschinenbau. Das heißt, wir kommen immer mehr in die Situation, dass Maschinen angepasst werden müssen, dass Anpasszeiten natürlich extrem kurz sein müssen und dass bei der Planung und beim Design einer Maschine die Modularisierung eine ganz große Rolle spielt – sei es in der Hardware, die ein Stück weit modular aufgebaut werden soll als auch in der Software. In der Hardware ist das vor allem das Thema IP67, das ist ein Stück unserer DNA, wo wir einen ganz großen Fokus drauf legen, dass Produkte nicht in irgendwelchen Schaltschränken verschwinden, sondern auf den Maschinen drauf sind. Allerdings auch in der Software: Ich habe zum Beispiel einen Kollegen, der immer wieder darüber spricht, wie sich die Software insgesamt modularisiert hat in den letzten Jahrzehnten, wo die Industrie sich schlicht und einfach anschließt. Dezentralisierung ins Feld, dezentrale Automatisierung – das sind die großen Herausforderungen, um das eine Ziel, eine schnellere Time to Market, so effizient wie möglich erreichen zu können. Das heißt, schneller am Markt verfügbar zu sein, aber auch dauerhaft schnell zu sein und auch lange da zu sein und sich flexibel anpassen zu können.
Jetzt hast du gerade von „IP67“ gesprochen – kannst du das mal ganz kurz einordnen, was das in der Praxis genau bedeutet?
Sai
Zunächst ist es eine Schutzart. Das ist ein Standard, der im Maschinenbau gefordert ist, um Komponenten nicht in irgendwelchen Schutzgehäusen zu verstecken, sondern in eine Maschine direkt einbauen zu können. Das heißt, die sind einerseits robust gegenüber mechanischen Beanspruchungen, andererseits aber auch gegen Reinigungsvorgänge etc. gewappnet. Ganz detailliert wird Olaf das bestimmt besser beschreiben können.
Genau, vielleicht die Frage an dich, Olaf: Was ist denn die Relevanz dieser Schutzart im Bereich des modularen Maschinenbaus?
Olaf
Das Interessante ist, durch diese IP67-Technologie werden die Komponenten, die häufig sonst im Schaltschrank waren oder man dafür extra einen Schaltschrank brauchte, mit Verkabelung und solchen Dingen, direkt vor Ort an die Maschine drangesetzt – viel dezentraler und nicht in einem Schrank. Der Vorteil ist, dass sich dadurch ein modularer Maschinenbau noch leichter abbilden lässt. Außerdem spare ich mir meterweise Schaltschränke und Metallkästen und solche Dinge. Auch die ganze Verkabelung wird effizienter, weil die Wege dadurch kürzer werden. Das heißt, es ist wie eine Dezentralisierung an der Maschine, an der Anlage. Es sind mehr intelligente Einheiten, die für sich schon intelligent sind, aber dann noch miteinander verbunden werden, statt alle Eingänge und Ausgänge in einen zentralen Schaltschrank zu verdrahten. Das ist so dieses Prinzip dahinter, was es zudem kosteneffizient macht.
Ich würde jetzt mal ein bisschen in euer gemeinsames Projekt einsteigen. Christoph, du hattest gesagt, Grundwasserabsenkung ist hier das Thema. Kannst du uns da mal so ein bisschen abholen – in welchem Umfeld und mit welchen Kunden seid ihr da unterwegs?
Christoph
Zu Beginn die Frage: Was ist eigentlich Grundwasserabsenkung? Das ist ja vielleicht auch nicht jedem so ein klarer Begriff. Grundwasserabsenkung kommt eigentlich immer dann zum Tragen oder ist dann erforderlich, wenn ich zum Beispiel eine Baugrube für einen Keller oder eine Tiefgarage erstellen möchte, und ich hebe diese Baugrube aus und stoße dann relativ schnell auf das klassische Grundwasser. Diese Thematik kennen wir vielleicht noch von früher aus dem Sandkasten. Dieses Wasser muss für die Bauphase natürlich dort weg, denn Bagger schwimmen in der Regel eher schlecht und die Mitarbeiter meistens auch nicht so gut. Daher gibt es Pumpen von uns, die für die Grundwasserabsenkung eingesetzt werden. Da gibt es unterschiedliche Systeme, die man dort anwenden kann, mit denen dieser Bereich der Baugrube trocken gehalten wird. Das heißt, das Wasser, was dort einströmt oder anströmt, wird so abgepumpt, dass es gar nicht in den Bereich des sogenannten Baufeldes oder in der Baugrube zum Tragen kommt. Wer sich etwas näher dafür interessiert: Wir haben gerade ein cooles Projekt gehabt, bei dem an einer Gas-Pipeline auf einem Acker nachträglich an der Gas-Pipeline repariert werden musste und dort auch Grundwasser ein Thema war. Dazu gibt`s auf unserem YouTube-Kanal ein kleines Video, wo man sich anschauen kann, wie das in der Praxis so aussieht.
Gleich noch mal die Anschlussfrage: Wer sind da klassischerweise eure Kunden?
Christoph
Unsere Kunden fangen bei den klassischen Bauunternehmern an. Mit den Bauherren selbst reden wir in der Regel nicht, sondern wir reden dann mit den größeren Baufirmen, die sich um diese Pumpentechnik kümmern. Wir sprechen mit Tiefbauunternehmen, also den Unternehmen, die wirklich für das Erstellen der Baugrube zuständig sind, aber auch mit sogenannten Dienstleistern, die sich mit der Wasserhaltung beschäftigen – dem ganzen Handling von der Grundwasserthematik auf der Baustelle. Das wird in der Regel an Drittanbieter, an Dienstleister vergeben, die wirklich die Pumpen dort hinstellen, fachgerecht installieren und sich darum kümmern, dass die Pumpen auch laufen. Das ist unser Kerngeschäft und das sind unsere Ansprechpartner, mit denen wir in der Regel dort zu tun haben.
Wenn ich mir diese verschiedenen Kunden von euch vorstelle, was sind denn so die klassischen Herausforderungen bzw. Aufgaben, die dort zu erledigen sind?
Christoph
Die klassische Herausforderung ist immer so ein bisschen zweigeteilt. Zum einen kann man sich vorstellen, dass so eine Grundwasserabsenkung permanent, also 24/7 laufen muss. Die darf nicht zwischendurch ausfallen, denn dann habe ich sofort Wasser, und einen Teich will an der Stelle niemand haben. Das heißt, eine gewisse Überwachung der Versorgungssicherheit ist an der Stelle wichtig und ist auch das Problem. Denn gerade auf Baustellen hat man oftmals das Problem, dass die Stromversorgung zwar da ist, aber gerne auch mal nicht so solide ist. Da läuft mal irgendwo Wasser in eine Kabeltrommel, dann fliegt irgendwo der FI im Baustromverteiler raus. Oder unsere Leitungen beispielsweise, die an den Pumpen angeschlossen sind, die arbeiten mit Vakuum. Wenn da zum Beispiel irgendwo eine Unnichtigkeit kommt, weil irgendjemand über einen Stopfen oder ähnliches gestolpert ist, dann bricht das System natürlich ein oder zusammen. Das ist natürlich für unsere Kunden wichtig zu wissen, entsprechende Alarmmeldungen zu bekommen – das ist so das eine, diese Worst Case Abdeckung. Auf der anderen Seite haben wir noch den Part des Services, denn solche Anlagen müssen natürlich auch mal gewartet werden. Bei Störungen soll der Servicetechniker natürlich wissen, wo steht die Maschine und welchen Betriebszustand hat sie gerade. Es müssen Fragen beantwortet werden können, wie: Muss ich jetzt eine Wasserpumpe reparieren, eine Luftpumpe oder ist vielleicht irgendetwas ganz anderes im Schaltschrank defekt? Das kann ich natürlich über solche Möglichkeiten auch übertragen. Und zu guter Letzt gibt`s natürlich noch den klassischen Teil des Verwaltungsaktes. Denn wo in Deutschland Wasser abgepumpt und an eine andere Stelle gepumpt wird, ist das immer schön zu protokollieren. Und das geht natürlich dann auch wunderbar über Cloudlösungen, wo ich über Reports, die an Wasseruhren gekoppelt sind, die entsprechenden Auswertungen gleich automatisch vornehmen kann.
Da gleich noch einmal eine Anschlussfrage: Hängen eure Pumpen an diesem Baustromverteiler, den du jetzt gerade angesprochen hast?
Christoph
Genau. Ich sage mal, ein Großteil der Baustellen in Deutschland ist wirklich mit einem Baustromverteiler, also einem festen Stromanschluss, ausgestattet. Es gibt sicherlich auch mal Ausnahmen, die nur über Stromgeneratoren betrieben werden. Und es gibt auch im Bereich der Grundwasserhaltung teilweise sogar die Zwischenlösung, wo man sagt: Primär betreibe ich mich über den festen Baustrom, aber ich habe einen Generator dastehen. Denn wenn der Strom mal ausfällt, muss mein Wasser ja trotzdem abgepumpt werden – also das klassische Notstromaggregat als Backup-Lösung daneben. Das Ganze passiert immer grundsätzlich im Interesse des Baustellenbetreibers. Denn es sind ja nicht nur unsere Pumpen, die da Strom brauchen, sondern ich sage mal nahezu jedes Gewerk auf einer Baustelle braucht heutzutage Strom, wie beispielsweise Flex- und Bohrmaschine oder diverse andere Baugeräte, die über einen Stromanschluss verfügen. Und jeder möchte sein Smartphone laden und die Kaffeemaschine muss auch immer laufen.
Wenn ich jetzt über die Verwaltung nachdenke, klingt das ein bisschen bürokratisch. Mit wem sprecht ihr an dieser Stelle, wer hat Interesse daran, das Ganze digitalisiert zu sehen?
Christoph
Unsere Kunden müssen das immer protokollieren. Das heißt, sie müssen auch Anträge stellen, wenn sie an einer Stelle eine Grundwasserabsenkung durchführen wollen. Im Sinne von: Da werden XY Kubikmeter pro Stunde entnommen und das wird in den nächsten Kanal oder Fluss eingeleitet. Da gibt`s entsprechende Behörden, die dort dann auch im Zweifelsfall zustimmen müssen und auch wissen wollen, wie viel Wasser wirklich verpumpt wurde. Zum Teil ist es sogar so, dass dann pro Kubikmeter auch gewisse Gebühren anfallen und das quasi nach Aufwand sozusagen berechnet wird – ähnlich wie das klassische Abwasser, das man zu Hause kennt.
Wenn jetzt so eine Pumpe ausfällt, wer macht dann den Service? Übernehmt ihn den oder ist das eine separate Serviceeinheit?
Christoph
Teil teils. Größtenteils ist es so, dass unsere Kunden das selbst machen. Das heißt, die haben Servicetechniker, die von uns entsprechend auf die Maschinen geschult sind und dann die Instandhaltung selbst durchführen können. Wir haben aber auch Maschinen bei uns in unserem hauseigenen Mietpark stehen, die wir dann natürlich selbst über eigenes Personal entsprechend betreuen. Oder auch dass der Kunde sagt: „Mein Monteur ist gerade in Bayern, der kann nicht nach Flensburg fahren. Kann das einer von Hüdig übernehmen?“ Klar, dann fährt von uns ein Techniker raus und übernimmt das an der Stelle.
Jetzt sprechen wir in dem Projekt auch über Livedaten, die aus unterschiedlichster Hardware kommen. Welche Kennzahlen sind dort für euch oder eure Kunden interessant?
Christoph
Es geht los mit der ganz klassischen Zustandsüberwachung: Ist die Pumpe eingeschaltet oder wie viele Betriebsstunden hat sie runter. Betriebsstunden sind natürlich wieder ein Indikator für die Abrechnung an den Endkunden oder auch für das Intervall der Service- und Wartungsarbeiten. Das ist so der Klassiker. Interessant sind aber natürlich auch Störmeldungen – das heißt, wurde einen Motorschutzschalter ausgelöst, habe ich eine Störung an irgendeinem Sensor oder läuft die Pumpe außerhalb eines bestimmten Betriebsparameters, den ich nicht möchte. Ganz wichtig im Bereich der Grundwasserabsenkung ist der sogenannte Vakuumwert. Das heißt, wir haben Vakuumpumpen auf der Maschine mit drauf, das ist so ein gesplittetes System. Einerseits pumpen wir quasi Luft und andererseits pumpen wir Wasser. Denn wenn ich das Wasser aus dem Boden haben möchte, kommt das ja nicht von selbst nach oben an die Oberfläche, sondern ich muss wie an einem Strohhalm erstmal saugen. Genau das macht die Vakuumpumpe und dann ist dieser Vakuumwert, der dort ansteht, ein ganz wichtiges Kriterium. Denn nur wenn das Vakuum hoch genug ist, kommt das Wasser auch nach oben. Deswegen ist das so eine Führungsgröße, mit der die Kunden immer eine ganze Menge anfangen können und auch gut sehen können: Wo arbeitet denn meine Maschine? Wie tief senke ich ab? Aus wie viel Metern Tiefe hole ich das Wasser eigentlich? Es macht ja zum Beispiel keinen Sinn, das Wasser aus neun Metern Tiefe zu holen, wenn meine Baugrube nur drei Meter tief ist.
Wenn ich jetzt in Richtung dieser Digitalisierungslösung denke: Bisher wurde klassischerweise einen Schaltschrank mitgeliefert, der noch nicht mit dem Internet verbunden war. Jetzt bringt ihr mit den Vakuumwerten, den Betriebsstunden, den Störmeldungen etc. viel Wissen mit, das eure Kunden nutzen können, um dort Mehrwerte übergreifend zu heben. Wie bringe ich denn an dieser Stelle jetzt das Wissen von euch ins Digitale?
Christoph
Das war für uns im Prinzip mit die größte Herausforderung an der Stelle, denn bevor wir mit der Digitalisierung angefangen haben, war diese Pumpe wirklich sehr einfach. Als Elektriker würde man sagen: „Klappertechnik verbaut“. Das heißt, die Pumpen wurden direkt gestartet. Dann gab`s noch eine Füllstandsniveausonde und dann war das an der Stelle eigentlich schon erledigt. Jetzt mussten wir diese ganzen Werte erst einmal digital erfassen. Das heißt, wir müssen ja erst einmal digitale Parameter haben, die ich dann über einen Ether in die Cloud schicken kann. Da kam die Zusammenarbeit mit den Kollegen von Turck ins Spiel. Wir haben ein Touchdisplay verbaut, das den Kunden ganz andere Anzeigemöglichkeiten von allen Betriebsparametern bietet, was somit gleichzeitig auch einen Mehrwert für den Kunden vor Ort bringt. Zusätzlich hat dieses Display auch eine eingebaute Kleinsteuerung, die dann meine ganzen Ein- und Ausgangssignale erfasst. Diese ist dann auch noch mit einem aufgesetzten Modem ausgestattet, was dann die Daten über Mobilfunk an das Turck-Cloud-Portal übergibt. Auf den Baustellen müssen wir über Mobilfunk arbeiten, denn da gibt`s in der Regel kein W-LAN, das wir nutzen können oder geschweige denn ein LAN-Kabel, was da irgendwo aus der Erde guckt. Deswegen machen wir das über die klassische Mobilfunk-Geschichte und dann werden die Daten an das Turck-Cloud-Portal wie gesagt übergeben, wo sie dann aufbereitet und für den Kunden ansprechend dargestellt werden.
Letzte Frage noch ganz kurz in deine Richtung: Dieses Touchdisplay, ist das vor Ort verfügbar, hat der Kunde das irgendwo in seiner Zentrale stehen oder wie muss man sich das vorstellen?
Christoph
Das Touchdisplay ist fest an der Maschine verbaut. An diesem kann der Kunde die Maschine vollständig autark bedienen und alle Parameter einstellen. Über die Cloudlösung haben wir dann natürlich alle Informationen noch mal gespiegelt in die Cloud und somit hat der Kunde die überall auf der Welt auf dem Smartphone, Tablet, Laptop, wo auch immer, entsprechend verfügbar.
Olaf, eine Frage in deine Richtung: Wir haben jetzt über verschiedenste Hardware gesprochen. Christoph hatte eben gerade auch gesagt, das Ganze funktioniert irgendwo im Gesamtsystem. Wie kommt ihr jetzt dort ins Spiel und wie sieht diese Lösung ganzheitlich von eurer Seite aus?
Olaf
Ja, was wir an der Stelle bieten, ist zum einen die Sensorik, um Dinge zunächst zu digitalisieren. Da sind eben nicht nur Anlagenzustände, sondern auch das Abgreifen der Nutzdaten der Sensorik, wie Christoph eben schilderte, das Vakuum etc. Und das Ganze zunächst mal in dieses Vor-Ort-Gerät einführen. Wenn man so will, ist das ein sogenanntes All-in-One Gerät. Das macht es besonders interessant und leicht handhabbar. Da gibt`s digitale Eingänge, da gibt`s analoge Eingänge, serielle Schnittstellen. Und auf die Art und Weise habe ich diese Daten dann erstmal digital, mit denen ich dann etwas machen kann. Und zwar, wie Christoph sagt, zum einen Visualisieren vor Ort auf dem Bildschirm und zum zweiten auch mit diesem einen Gerät das Ganze dann per Mobilfunk, so wie unsere Handys das auch tun, mit einer eingesteckten SIM-Karte dann tatsächlich in die Cloud transportieren. Und wenn wir über Cloud sprechen, kann man sich das vorstellen wie eine Website. Das heißt, diese Daten sind dann zugänglich wie eine Website mit jedem Gerät und von überall auf der Welt mit jedem Datenendgerät – das ist sozusagen die Kette.
Christoph hatte gerade von einer Kleinsteuerung gesprochen. Das heißt, an diesem Display hängt auch irgendwo noch eine kleine Steuerung dran, auf der ich dann diese Vorverarbeitung der Daten ausführen kann. Oder wie funktioniert das genau?
Olaf
Das ist schon drin. Von vorne ist das sozusagen ein Touchdisplay – auch wieder in einer hohen Schutzart (IP66) – und in dem Gerät ist nicht nur die Elektronik, die das Ganze dann sichtbar macht für das Display, sondern da ist auch die Steuerungstechnik schon drin und reinintegriert All-in-One. Das Gerät hat zusätzlich hinten die Möglichkeiten – wir nennen das immer „Huckepack“ – tatsächlich dann Zusatzmodule zu setzen, in dem Fall digitale EAs, analoge EAs, serielle Schnittstellen und auch genau diese Funkverbindung, um am Mobilfunk teilzunehmen.
Christoph hatte von Daten gesprochen, die verschiedene Mehrwerte für Kunden bringen – sei es die Stromversorgung, sei es vielleicht auch der Verwaltungsapparat, der bestimmte Daten haben will. Das ist ja jetzt eine Logik, die ich erst mal irgendwie cloudtechnisch oder vor Ort verarbeiten muss. Nehmt ihr diese Logik auf und setzt sie sozusagen in die Daten um? Oder wo ist die Schnittstelle, bei der ihr sagt, das macht euer Kunde und das macht ihr?
Olaf
Der Kunde gestaltet in der Regel oder in den allermeisten Fällen tatsächlich seine Applikation. Was sind wir? Wir sind ein sogenannter Enabler dafür. Das heißt, wir haben die Elektronik und die Steuerungstechnik, die Steuerungsplattform, die Softwareplattform, um das möglichst einfach umsetzen zu können, sodass der Anwender dann seine Applikation damit bauen kann. Das heißt, wir liefern sozusagen das Baukastensystem mit allem Drum und Dran fertig. Und der Kunde kann es ähnlich wie Lego dann softwaremäßig zusammensetzen.
Jetzt hatten wir ja auch verschiedene Rollen der Kunden definiert – bin ich bei einem Verwaltungsapparat oder bin ich vielleicht ein Baustellenbetreiber. Das sind ja unterschiedliche Rollen, die ich erstmal abbilden muss. Habe ich einen Zugang für den Baustellenbetreiber und kann dann vielleicht auch noch Daten einer Behörde bereitstellen oder wie funktioniert dieses Rollen- und Rechtemanagement bei euch?
Olaf
Grundsätzlich gibt`s verschiedene Rollen, damit derjenige auch autorisiert ist, der gewisse Zugriffsrechte hat. Und auf die Art und Weise kann man auch sicherstellen, dass er die Qualifikation hat, das zu tun. Das passiert meistens so, indem ich erst einmal aus der Cloud extrahiere und dann wieder extern anders zusammenstelle. Das Interessante bei dieser Lösung ist, und das ist eigentlich der Knackpunkt, dass sich hier plötzlich zwei Welten verbinden. Das eine ist genau diese Automatisierungswelt, in der wir alle sehr lange schon zu Hause sind. Das spielt jetzt zusammen mit dieser klassischen IT-Welt. In der IT-Welt ist alles möglich: Wenn die Daten einmal digital da sind, dann sind die Möglichkeiten unbegrenzt. Und die Cloud ist genau Mittel zum Zweck des Ganzen, um zu visualisieren, zu informieren und jederzeit Reports extrahieren zu können.
Noch eine Frage zur Hardware: Wir hatten jetzt über die Sensorik, über Steuerungsdaten und auch über die Connectivity, in Richtung Mobilfunk, gesprochen. Heißt das im Endeffekt, dass in dieser kleinen Steuerung plus dem Display der Mobilfunkslot auch schon integriert ist oder wie arbeitet ihr da an der Stelle? Schaut ihr, welche SIM-Karten man verbauen muss oder ist es ein Gerät, das das alles schon mitbringt?
Olaf
Das ist ein Gerät, was auch wieder diesen modularen Anspruch hat oder sagen wir dieses Baukastensystem, wo ich hinten, wie ich schon sagte, Huckepack dann so etwas nachrüsten kann, was mir die Kommunikation in die Cloud ermöglicht. Die SIM-Karte, die ich brauche, ist die gleiche, die auch in ein Handy kommt. Es gibt keinen Unterschied. Es ist das gleiche Mobilfunknetz, es ist die gleiche Karte. Und die andere Seite, die Verbindung zum Server, das ist ein klassisches Hosting, so wie auch eine Webseite gehostet wird. Was dieses Gerät macht: Es bedient sich zum einen nach unten den klassischen Automatisierungsprinzipien – holt von der Pumpe, von der Sensorik überall alles ran. Und auf der anderen Seite spielt es das mit den IT-Prinzipien hoch und bettet sich da genau in die Sachen ein, die wir so häufig vom Smartphone kennen.
Jetzt haben wir über die Technologie und die Hardware gesprochen, auch ein Stück weit über die Logik. Viele interessiert ja jetzt auch der konkrete Business Case dahinter. Ich schaffe Mehrwerte für Kunden, die über die eigentliche Hardware hinausgehen. Was ist denn das klassische Geschäftsmodell, das damit einhergeht? Christoph, noch mal in deine Richtung: Wie funktioniert das mit dem neuen Geschäftsmodell von eurer Seite aus?
Christoph
Wir von Hüdig sind ein klassischer Maschinenbauer oder Aggregatebauer. Wir stellen unseren Kunden die Hardware und das Zubehör zur Verfügung, das er braucht. Das heißt, wir statten unsere Pumpe mit dem System von Turck angepasst auf unsere Bedürfnisse aus. Der Kunde stellt uns noch die SIM-Karte zur Verfügung, dann liefern wir das Gerät oder die Maschine in dem Fall komplett und voll funktionsfähig an den Kunden aus. Der Kunde hat dann mit uns im Prinzip nur noch die Portalkosten, die monatlichen Gebühren, die dort anfallen. Wir sehen es eher so, dass wir dieses System dem Kunden als Mehrwert für unsere eigentliche Pumpe anbieten. Denn das System, das wir jetzt von Turck dort aufgebaut haben, wäre für sich allein genommen bei unseren Kunden ja nutzlos. Wenn ich keine Daten habe oder in unserem Fall keine Pumpe angeschlossen habe, brauche ich auch nichts in die Cloud schieben, sodass wir im Prinzip dieses bei uns hier im Werk vereinen und dann eine voll funktionsfähige Pumpe für den Kunden ausliefern. Der Kunde bekommt von uns – oder von mir in diesem Fall – dann einfach eine kurze Einweisung und die Zugangsdaten für die Cloud. Und danach finden sich die allermeisten Kunden relativ schnell zurecht – legen sich ihre Alarme und Reports dort an und dann funktioniert das eigentlich wie so ein Selbstläufer an der Stelle.
Jetzt muss ich vielleicht auch kurz kritisch hinterfragen: Das Ganze rechnet sich ja für einen Kunden dann, wenn ich durch diese Störmeldungen Ausfälle verhindere und ich einen Return on Invest habe. Ich habe ja verschiedene Vorteile dadurch, dass ich monatlich zahle, aber auf der anderen Seite bezahle ich irgendwo auch die Verfügbarkeit. Gibt`s da Erfahrungswerte von eurer Seite aus, wie oft es Probleme gibt, wie oft so ein FI rausfliegt und wie oft Ausfälle passieren, die richtig ins Geld gehen und mithilfe eures Systems verhindert werden?
Christoph
Der klassische Stromausfall kommt auf der Baustelle schon häufiger mal vor. Baustellennetze sind ja eher ein sehr fragiles System. Da liegen überall Stecker irgendwo im Wasser, im Schlamm. Das ist alles immer mit Feuchtigkeit verbunden – wo wir wieder bei der IP67-Geschichte sind, die sich da so anlehnt. Oder irgendeiner kommt an und braucht jetzt Strom für seinen Betonmischer und zieht den Stecker der Pumpe raus, weil er meint, die Steckdose kann er jetzt mal eben anderweitig verwenden. Das sind so die Klassiker. Das kommt durchaus schon häufiger mal vor. Aber auch diese Kommunikationskette ist ein Thema, was mir von den Kunden ganz oft berichtet wurde. Wie ich eingangs sagte, unsere Kunden sind ja oftmals Drittanbieter. Das heißt, die sind gar nicht permanent auf der Baustelle vor Ort. Die liefern ihr Equipment dahin, stellen das auf, fahren dann wieder weg und kommen in regelmäßigen Abständen mal und checken, ob alles in Ordnung ist. Wenn da jetzt ein Ausfall passiert – durch was auch immer – ist es natürlich extrem wichtig, schnell zu reagieren. Das heißt, da muss schnell jemand vor Ort sein und das muss ja noch nicht einmal jemand sein, der jetzt wirklich von unserem Drittanbieter ist, sondern da reicht ja dann auch der Polier auf der Baustelle, der sowieso die ganze Zeit vor Ort ist, der einfach mal guckt. Ist der FI wieder drin? Muss ich den Stecker wieder reinstecken? Und da kann man über solche Systeme diese Informationskette natürlich einfach gestalten. Unsere Kunden nehmen den Polier – den Ansprechpartner des Endkunden sozusagen – oft mit in diesen Alarmverteiler der Cloud mit rein. Das heißt, er kriegt automatisch auch eine E-Mail und kann sagen: „Pumpe XY ist ausgefallen, ich brauche da mal einen Service“. Dieser Informationsfluss ist auf jeden Fall da und es ist sichergestellt, dass sich auch schnellstmöglich jemand darum kümmert, um große Folgeschäden zu vermeiden. Und große Folgeschäden sind in dem Fall gar nicht mal an der Pumpe selbst, da kann eigentlich nicht groß viel passieren. Aber wenn die Baugrube vollläuft und da unten drin steht ein teurer namhafter Bagger oder ähnliches, dann kann der Schaden natürlich schnell in die Zehntausende gehen.
Siehst du das eigentlich auch vermehrt in diesem Baustellenumfeld, dass Daten mit anderen geshared werden, um Mehrwerte zu heben? Kommt das immer mehr oder ist das vielleicht schon etabliert?
Christoph
Ich sehe es so, dass diese Entwicklung an der Stelle gerade startet. An manchen Stellen ist es natürlich auch schon vorhanden und etablierter. Ich denke da zum Beispiel an Bagger, die lasergesteuert für irgendwelche Bodenplatten gleich die richtige Höhe abziehen oder solche Geschichten. Das geht ja auch mehr oder weniger in die Richtung. Aber ich sag`s mal so: Je jünger die Ansprechpartner bei unseren Kunden und Endkunden werden, desto interessanter wird das. Denn die Generation, die mit dem Handy in der Hand aufwächst und heutzutage alles per Smartphone und Tablet macht, die kommt. Ich zähle mich da selbst auch dazu. Ich habe auch ein Smart Home. Ich möchte gern alles auf dem Tablet und auf dem Smartphone sehen. Die Generation kommt und damit wird es immer interessanter. Es ist auch so, dass dieses ganze Projekt auch von den Endkunden initiiert wurde. Ich habe mir mit den Jungs von Turck zwar überlegt, wie man es technisch lösen könnte, aber die Idee, dass man so etwas braucht, kam von den Endkunden. Die kamen auf uns zu und haben gesagt: Es wäre doch total klasse, wenn ich weiß, was unsere Pumpe macht, die 300 km weit weg steht.
Ich denke auch, dass das immer mehr in die Richtung geht. Desto digitaler das Mindset ist, desto einfacher geht das am Ende auch. Jetzt würde ich die Überleitung wieder zu Olaf machen. Ich habe zwei Fragen – eine nach weiteren Übertragungsbeispielen dieses Use Cases und eine in Richtung Nutzung als Pay per Use. Zunächst einmal: Wie sehen die Ausbaustufen von diesem Use Case aus, wie kann ich ihn übertragen? Ihr seid ja mit verschiedenen Kunden unterwegs, oder?
Olaf
Absolut. Pumpen sind ein gutes Beispiel, aber das gibt`s in vielen anderen Bereichen auch. Der eine Bereich sind z. B. die mobilen Arbeitsmaschinen. Denken wir mal an Hebebühnen, Mähdrescher oder auch Vending Machines, also irgendwelche Automaten. Überall dort möchte man einfach Zugriff auf diese Maschinen haben, damit die auch vor Ort die nötige Verfügbarkeit haben. Und jetzt kommt eigentlich das Interessante dabei: Diese Maschinen gehorchen immer häufiger nicht mehr diesem Prinzip. Ich baue eine Maschine, verkaufe die und wenn die aus der Gewährleistung raus ist, dann ist der Eigentümer eben dafür zuständig. Sondern es geht vielmehr um diese Pay per Use Modelle. Und genau da ist so eine Anbindung und so eine Abrechnung über die Cloud das Mittel der Wahl. Wenn ich etwas verleihe bzw. juristisch besser gesagt vermiete, und ich bekomme Geld dafür, dann habe ich ein ganz, ganz hohes Interesse, dass das, was ich vermiete, auch vor Ort das macht, was es soll. Und dieser Zugriff, der ist erstmal Gold wert, um sagen zu können: „Hier drücken, da drücken, dann geht`s wieder“. Oder wir schicken einen raus, der weiß sofort, was er tun muss und hat das richtige Ersatzteil tatsächlich schon im Gepäck. Ich möchte die Verfügbarkeit von meiner vermieteten Arbeitsbühne sozusagen erhöhen. Das ist der ganz, ganz große Mehrwert. Und der zweite ist, dass ich auf diese Art und Weise Pay per Use fahren kann. Das heißt, wenn jemand mal sein Haus streichen will, dann kauft er sich ja kein Gerüst, sondern er leiht sich ein Gerüst oder eine Hebebühne. Das Gleiche gilt für Betonpumpen etc. Das wird alles vermietet. Im Agrarbereich ist das schon seit vielen, vielen Jahren so. Mähdrescher sind sehr, sehr teure Maschinen. Und ein Bauer kauft sich in der Regel nicht mehr selbst im Mähdrescher, sondern der leiht sich einen Mähdrescher. Und er rechnet nach Fläche ab, die tatsächlich mit dem Gerät beackert oder abgeerntet wurde. Und nur das bezahlt er auch. Da sind die Cloudlösungen schon lange voll etabliert und Mittel der Wahl genau für solche Pay per Use Maschinen. Das ist der eine Punkt. Der Zweite ist: Das Ganze gibt`s auch stationär. Nämlich da, wo es drauf ankommt. Wenn wir einmal an diesen ganzen Bereich Travel and Transport oder Infrastruktur am Flughafen denken, wie zum Beispiel an Gepäcktransport-Systeme an den Flughäfen von der einen Maschine zur anderen mit Anschlussflügen. Das muss alles klappen wie am Schnürchen. Da geht`s um die reine Verfügbarkeit. Reine Verfügbarkeit kriegt man auch durch Predictive Maintenance hin. Das heißt, ich möchte wissen, bevor etwas kaputt geht und es nicht schon es zu dem Fehlerfall kommen lassen. Und genau da spielen diese Cloudsysteme eine ganz, ganz große Rolle. Das gibt`s auch im Bereich Food und Beverage, wo irgendwelche chemischen Prozesse laufen, die man nicht rückgängig machen kann – überall da, wo es darauf ankommt, wo es wie am Schnürchen laufen muss. Überall dort sind solche Cloudmöglichkeiten und Cloudanwendungen das A und O und das sind auch zunehmend tatsächlich die Branchen, in denen wir das sehen und spüren und wo es ankommt. Das andere ist: Mit einer Cloud kann ich eine ganze Menge machen. Und das, worauf wir uns hier konzentrieren, sind Smart Data. Wir sagen immer, wir brauchen Smart Data, nicht Big Data. Die Big Data Geschichte wird ja oft damit assoziiert. Im Sinne von: Jetzt habe ich eine Cloud, jetzt hole ich mir auch noch die Automatisierungsdaten da hoch. Nein, wir holen genau die Daten hoch, die für irgendetwas gut sind und die auch sinnvoll sind. Die Automatisierung ist nicht die Branche, die sagt: Ich sammele jetzt mal alle Daten einfach und dann gucke ich hinterher, was ich denn so damit anstellen kann. Genau das eben nicht, denn das stört die Automatisierung und das hat überhaupt keinen Sinn. Was aber passiert ist, dass ich mir Fertigungsdaten von verschiedenen Fertigungsstätten holen kann. Zum Beispiel produziere ich ein und das gleiche Lebensmittel an verschiedenen Standorten in der Welt, sagen wir mal eine Tiefkühlpizza. Dann kann ich die Leistungsdaten dieser verschiedenen Werke – das eine in Brasilien, das andere ist in Deutschland und das dritte ist irgendwo in China – ansehen und miteinander vergleichen und weiß, wo kann ich optimieren oder wo braucht vielleicht das Werk noch Hilfe, weil es so vergleichbar wird. Und das sind die rein stationären Anwendungen, die auch ungeheuer wichtig sind, wenn es um diese Sachen geht und die sind häufig in der Intralogistik. Und das ist glaube jetzt die Überleitung auf das Thema, das wir noch mitgebracht haben, Madeleine.
Perfekt, vielleicht nur eine ganz kurze Zwischenfrage an Christoph, bevor ich gleich zu Sai komme. Dieses Thema Pay per Use Verfügbarkeit, sieht man das schon in der Praxis? Ich meine, das ist ja ein Geschäftsmodell, das ich ganzheitlich neu denken muss, vielleicht auch ab vom Kerngeschäft.
Christoph
Wir als Maschinenbauer können natürlich in die Richtung denken. Aber wir sehen das auch immer noch mal aus einem anderen Blickwinkel. In der Regel vermieten wir die Maschine zu entsprechenden Konditionen – entweder nach Betriebsstunden, nach Tagen, nach Ländern teilweise sogar nach gepumpten Volumen, wie viel musste die Maschine arbeiten. Für die ist das sicherlich ein interessanter Ansatzpunkt. Für uns an der Stelle als Hersteller von den Maschinen ist das dann aber nicht so der Fokus. Wir bieten das natürlich über diese Cloud-Geschichten an und stellen den Kunden frei, das mitzunutzen. Aber als Hersteller haben wir dann auch nicht die Hand auf den Daten, sag ich mal. Das kann der Kunde dann frei selbst entscheiden, was er damit macht.
Letzte Frage an dich, Olaf. Unterstützt ihr auch hinsichtlich dieser Geschäftsmodellentwicklung? Kommen die Kunden auf euch zu und sagen: „Das ist das Geschäftsmodell, dafür brauche ich Hardware“ oder geht ihr da auch diesen ganzheitlichen Weg?
Olaf
Wir gehen natürlich auch diesen ganzheitlichen Weg, der sogar immer häufiger tatsächlich Beweggrund des Kunden ist und er nach einer Lösung sucht. Das Ganze ist auch immer wieder insbesondere in Kombination mit der Automatisierungswelt verbunden. Die macht es nämlich so wichtig und so anders als all das, was es an so vielen Clouds auf der Welt schon gibt.
Okay, vielen Dank. Jetzt die Übergabe an dich, Sai. Wir hatten eben kurz die Intralogistik angesprochen, Sai. Da seid ihr ja anscheinend auch unterwegs. Was genau macht ihr dort?
Sai
Bevor ich dazu komme, zu dem Thema Lokallösungen, noch kurz etwas vorab. Ich habe einige Sachen jetzt schon in den letzten Wochen und Monaten zu den ganzen Sensordaten gehört, gerade auch in deinem Podcast, den ich sehr schätze. Und das, was Olaf gerade meinte, ist auch ein ganz wichtiger Punkt. Die Sensordaten von einem Sensor in die Cloud reinzubekommen – das ist das eine. Das ist auch etwas, was technisch möglich ist heutzutage und das kriegen wir hin. Daraus aber smarte Daten zu machen, die nutzbar sind von Kunden, von Anwendern, die nicht ohne irgendwelche Vorverarbeitung da hochgehen. Das ist dieser Knackpunkt, den wir für uns auch ganz stark mitnehmen. Das kann an einem Sensor passieren, wo wir die Daten davor verarbeiten und hochschieben. Das kann in einem Edge-Controller passieren. Es kann aber auch in dem Prozess selbst passieren. Um die Überleitung jetzt noch mal hinzubekommen. Wir haben gerade in der Logistik mit unserem In-House-Partner Turck Solutions, einem Lösungspartner für Turnkey Solutions, wirklich schlüsselfertige Lösungen gerade in der Logistik, einige Herausforderungen vor der Brust, dass wir Warengüter, Material, Wareneinlieferung und -auslieferung ganzheitlich komplett überwachen wollen. Das Ziel ist, die Qualität der Endprodukte, dass, was wir am Ende des Tages zu einem Kunden liefern oder unser Kunde zu einem Endkunden liefert, perfekt überwachen zu können. Wir haben hier ein Unternehmen, da geht es um die Reifenproduktion. Hier können wir diesen Warenfluss so automatisieren, dass wir den kompletten Prozess von der Warenanlieferung über die Produktion des Reifens bis hin zur Auslieferung im LKW überwachen können mit dem Kunden. Und diese ganzen Daten gehen auch in eine Cloud. Wenn wir jetzt wieder in diesem Nukleus Cloud sind: Sensordaten, Maschinendaten, modularer Maschinenbau, das ist alles richtig und das ist alles wichtig, dass wir uns in der Industrie weiterentwickeln. Wenn man mal in diesen Industrie 4.0 Gedanken unserer Bundesregierung reinschaut, vor zehn Jahren, da geht es darum, wie mache ich aus der Pyramide ein Netzwerk? Wie mache ich ein cyberphysikalisches System? Das ist ein ganz wichtiger Baustein im Maschinenbau. Gerade in der Logistik geht es vor allem auch um die Prozesse, die drum herum sind, die digitalisiert werden. Und wir haben es mit dem Kunden geschafft, diesen Inbound so gut überwachen zu können, dass er am Ende des Tages die Reifenqualität daran auch messen kann. Das heißt, wenn die Reifenqualität irgendwo nicht stimmt, kann er sich in dem kompletten Prozess zurückbewegen und schauen, wo das Problem liegt. Und das ist nicht nur das Gummi, das sind die ganzen Materialien drum herum, um aus einem Reifen einen Reifen zu machen. Die Anforderungen, die die Kunden, die die Reifenhersteller uns da geben, in ein großes System zu implementieren, das ist genau die Stärke. Ein ganzheitliches System in der Logistik, einen ganzheitlichen Prozess zu bewerten und neu aufzusetzen, um daraus Mehrwerte zu generieren. Hier ist das kein Maschinenstillstand mehr, sondern es ist eher ein Prozessstillstand. Gerade bei Premium-Herstellern von Reifen hat man natürlich auch nicht so unfassbar viel Toleranz, denn wenn ich privat mir einen guten Kaffee kaufe, möchte ich auch nicht, dass da kein guter Kaffee drin ist. Von daher ist das eine Möglichkeit, das über ein ganzheitliches System zu überwachen. Das hat natürlich auch immer einen Anschluss in ein Netzwerk, in eine Cloud, wo die Cloud aber eine völlig andere Rolle spielt. Es ist in diesem Fall mehr ein Data Hub, ein Datencenter, um den ganzen Prozess ganzheitlich zu überwachen und zu steuern.
Ich denke, die Logik dieses einen Use Cases, den wir jetzt heute so ein bisschen auseinandergenommen haben, ist auch ganz gut übertragbar. Es geht im Endeffekt ja auch darum, gewerkeübergreifend Mehrwerte durch Daten zu erzeugen, die ich vielleicht auch mal horizontal vernetze, oder?
Sai
Das kann natürlich auch ein weiterer Punkt sein, aber in dieser Lösung war es vor allem wichtig, diese Produktion überwachen können. Und klar, diese Übertragbarkeit auf andere Anlagen ist auch wichtig, gar keine Frage. In diesem Fall war es vor allem auch relevant, die Übertragbarkeit auf Medien zu packen, womit jeder umgehen kann. Also da sind wir wieder an dem Punkt: Was ist die visuelle Schnittstelle zu dem Menschen, der sich das anschauen wird? Auch das ist ein Teil von diesem ganzen Projekt. Wir haben da nicht einfach ein paar Produkte, die in dieser Anlage drin sind und wir gucken uns das an, sondern es geht hier um ganzheitliche Prozesse. Und das sind ja auch die Anforderungen, die aus der Industrie rauskommen. Wir reden nicht mehr von „Ich brauche jetzt dieses und dieses Produkt“ – das ist der eine Pfad. Es geht mehr darum: „Ich habe das und das Problem“. Und das Problem des Kunden bzw. die Herausforderung, wie gerade schon angesprochen, war: Die Qualität muss stimmen. Es ist ein Premiumhersteller. Wie bei dem Kaffee-Beispiel, da muss die Qualität einfach stimmen. Dementsprechend ist das die Anforderung, mit der wir ins Rennen gegangen sind, und die Lösung über unsere Kolleginnen und Kollegen von Turck war im Endeffekt hier der Schlüssel zum Erfolg.
Super, dann vielen Dank für den spannenden Input und die Session. Der eine oder andere, der sich da wiedergefunden hat, kann denke ich gern Kontakt zu euch aufnehmen – online oder offline – und in einem Gespräch das Ganze noch einmal aufgreifen.