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Industrial Wireless Communication – Echtzeitkommunikation über 5G mit Profinet

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IoT Use Case Podcast #112 - Siemens 5G

Eine Welt, in der Maschinen, Geräte und Systeme wirklich nahtlos und blitzschnell miteinander kommunizieren – genau das verspricht uns die nächste Generation des industriellen 5G. Es ist mehr als nur ein Buzzword, denn es ist die technologische Grundlage, die die nächste Welle der industriellen Digitalisierung antreiben wird. In dieser Podcastfolge zeigt uns Daniel Mai, Director of Industrial Wireless Communication von der Siemens AG, welche konkreten Anwendungen dadurch revolutioniert werden können. Wir tauchen ein die facettenreiche Welt der industriellen drahtlosen Kommunikation!

Folge 112 auf einen Blick (und Klick):

  • [11:28] Herausforderungen, Potenziale und Status quo – So sieht der Use Case in der Praxis aus
  • [24:30] Lösungen, Angebote und Services – Ein Blick auf die eingesetzten Technologien
  • [31:43] Übertragbarkeit, Skalierung und nächste Schritte – So könnt ihr diesen Use Case nutzen

Zusammenfassung der Podastfolge

Diese Podcastfolge ist ein anregender Dialog, der das Licht auf die aktuellen Trends und Entwicklungen in der industriellen drahtlosen Kommunikation wirft.

Der 5G-Experte Daniel Mai erläutert im Gespräch den Unterschied zwischen öffentlichen und privaten Netzwerken und wie die 5G-Technologie diesen Bereich revolutioniert.

Es wird unter anderem über die Vorteile von privaten Netzen gesprochen, bei denen Unternehmen die volle Kontrolle und Verantwortung über ihre Infrastruktur haben. Dies bietet nicht nur Flexibilität in Bezug auf die Netzabdeckung, sondern auch Sicherheitsvorteile, da die Daten das Unternehmensgelände nicht verlassen. Ein weiterer Vorteil, der genannt wird, ist die Unabhängigkeit von Drittanbietern, was zu einer höheren Verfügbarkeit und schnelleren Problembehebung führt.

Siemens stellt in dieser Podcast-Episode spannende Use Cases vor, z. B. fahrerlose Transportsysteme, mobile Roboter mit spezifischen Aufgaben, smarte Tools und Augmented Reality sowie EDGE-Anwendungen wie Kamerastreaming.

Podcast Interview

Mein heutiger Gast ist kein anderer als Daniel Mai, der bei der Siemens AG die Zügel in der Abteilung für industrielle drahtlose Kommunikation in der Hand hält. Stellt euch eine Welt vor, in der Maschinen, Geräte und Systeme wirklich nahtlos und blitzschnell miteinander kommunizieren. Genau das verspricht uns die nächste Generation des industriellen 5G. Es ist mehr als nur ein Buzzword, denn es ist wirklich die technologische Grundlage, die die nächste Welle der industriellen Digitalisierung antreiben wird. Ihr fragt euch, welche konkreten Anwendungen dadurch revolutioniert werden können? Dann bleibt dran, denn Daniel wird uns gleich seine, wie er sie nennt, Killer Use Cases, vorstellen, die durch dieses beeindruckende Netzwerk möglich gemacht werden. Let’s go, viel Spaß bei dieser Folge.

Hallo Daniel, schön, dass du heute mit dabei bist und herzlich willkommen zum IoT Use Case Podcast. Wie geht’s dir heute und wo bist du gerade unterwegs? Wo erreiche ich dich gerade?

Daniel

Hi Madeleine, danke für die Einladung. Ich bin heute im Homeoffice. Es war eine ziemlich hektische Woche, muss ich sagen, aber ich hocke jetzt zu Hause, um mit dir zu sprechen.

Sehr schön, ich fühle mich geehrt. Jetzt ist Siemens sehr groß, in welchem Standort bist du sonst?

Daniel

Normalerweise befinden wir uns am Standort Moorenbrunn in Nürnberg, wo üblicherweise die Automatisierungskomponenten verwaltet werden.

Okay, sehr gut. Du bist ja, könnte man sagen, fast schon ein alter Hase in dem Kommunikationsgeschäft. Wann hast du eigentlich angefangen? Was ist so dein Background?

Daniel

Gerne. Ja, wenn ich so auf meinen Lebenslauf blick, glaube ich, gehöre ich langsam wirklich zu den alten Hasen. Ich habe 2007 bei Siemens begonnen, habe dort technische Beratung gemacht. Sämtliche Technologien, die wir in Richtung Kommunikation haben, habe ich da beraten. Damals war das auch noch technisch etwas in den Kinderschuhen. Da haben wir auch angefangen mit dem Thema Kommunikation. Ich bin dann in den Vertrieb gewechselt, hab über viele Jahre Kunden beraten, Produkte in Lösungen eingeplant und hatte dann auch tatsächlich vor Corona die Ehre, für Siemens ein paar Jahre ins Ausland zu gehen, um in Australien unsere Flagge hochzuhalten, was natürlich ein superspannendes Erlebnis war.

Ja, kann ich mir vorstellen. Vielleicht können wir später nochmal ein bisschen über die Auslandsaktivitäten sprechen. Bevor wir jetzt in das eigentliche Thema starten, wollte ich mal ganz zu Beginn öffentliche Netze und private Netzwerke thematisch einordnen. Es gibt öffentliche und private Netze. Ich glaube, das hängt so ein bisschen auch an der vielleicht Zugänglichkeit oder auch Kontrolle, die ich über dieses Netzwerk haben möchte. Öffentliche Netze kennt man aus dem privaten Umfeld. Dort werden quasi die Netze von Telekommunikationsunternehmen bereitgestellt mit einer entsprechenden Abdeckung. Dann gibt es private Netze für einen bestimmten Standort oder für eine spezifische Organisation. Ist das erst mal so richtig?

Daniel

Ja, du hast da schon recht. Mobilfunknetze gibt es ja schon seit vielen Jahren. Es hat in den 90er Jahren begonnen mit GSM, 2G, 3G, 4G. Das wurde über die Jahre entwickelt. Geändert hat sich nicht viel. Man hat in Deutschland immer noch schlechten Empfang, aber die Daten, wenn man den Empfang hatte, wurden immer schneller übertragen. Ich denke, die mobile Datennutzung ist allgegenwärtig mit unseren Smartphones. Was man aber gemerkt hat, ist, dass die Mobilfunktechnologie sehr consumer-orientiert ist. Der Fokus ist hauptsächlich auf uns Konsumenten ausgerichtet und wir konsumieren viele Daten hauptsächlich über unsere Smartphones. Die Industrie Use Cases waren da immer so ein bisschen hintendran. Klar wurde über viele Jahre Fernwartung gemacht, aber durchaus immer über öffentliche Netze, also über die Telekom oder Vodafone und alle Mobilfunk-Provider der Welt. Man hat aber gemerkt, die Technologie passt nicht ganz für industrielle Applikationen.

Wegen technologischen Voraussetzungen, die da einfach nicht gegeben waren wahrscheinlich, oder?

Daniel

Ja genau, richtig. Man hat dann den 5G-Standard entwickelt und hat dabei industrielle Anwendungen ganz klar berücksichtigt. Es ist auch tatsächlich der erste Drahtlos-Standard, der wirklich industrielle Use Cases mit betrachtet und nicht nur irgendwie als Abfallprodukt oder als Nebeneffekt berücksichtigt. Das macht die Sache natürlich sehr interessant für uns. Es gibt da gewisse Features und Funktionen, die für die Industrie sehr wichtig sind, wie Latenzen, zugesicherte Bandbreiten und dergleichen. Eines der Kernelemente, die mit 5G eingeführt wurden, war, dass mehrere Länder das Potential von 5G sehen und spezielle Frequenzen für industrielle Anwendungen allokiert haben. Ich muss nicht mehr zwangsweise über einen Mobilfunkprovider meine Verbindungen herstellen, sondern ich kann mir ein privates Netz aufbauen.

Wir hatten jetzt gerade eine Kundenveranstaltung, da war die Firma AGILOX dabei, das ist so ein Hersteller für fahrerlose Transportsysteme. Die haben ihre Geräte irgendwo in der Logistik beispielsweise oder in der Produktion. Wenn sie diese vernetzen, brauchen sie ja wahrscheinlich Echtzeit-Anforderungen, im schlimmsten Fall kommt es sonst zu einem Unfall oder irgendwas passiert, wo ich auch drauf reagieren muss. Das wäre ein Case für ein privates Netz, wo man sagt, ich als Betrieb muss diese Geräte in so einer Infrastruktur einbinden, weil das über das öffentliche Netz gar nicht möglich wäre, oder?

Daniel

Richtig, denn wenn wir wirklich über Automatisierung sprechen, dann ist es nicht nur diese Standardkommunikation TCP/IP, wie wir es über das normale Internet kennen. Im Industrieumfeld gibt es einen Zoo an historisch gewachsenen Protokollen und ein normales Feldbus-Protokoll ist ein Mix aus verschiedensten Technologien, unter anderem eben auch Profinet. Profinet hat durchaus Echtzeitanforderungen und ist auch ein Layer-2-Protokoll. Das heißt, das kann ich gar nicht nativ über das Internet übertragen. Ich muss das entsprechend tunneln, um das überhaupt übermitteln zu können. Daher brauche ich eine Infrastruktur, die diesen Anforderungen gewachsen ist. Über ein herkömmliches Mobilfunknetz ist das in dieser Form so nicht möglich.

Ganz kurz vorweg, bevor wir in die Praxis eintauchen, noch einmal zu euch. Ich meine, Siemens ist ja ein sehr, sehr großer Laden. Ihr habt verschiedenste Business Units, seid Experte in ganz unterschiedlichen Bereichen. Du bist Director of Industrial Wireless Communication, kannst du erzählen, welche Schwerpunkte eure Business Unit spezifisch hat und mit welchen Kunden ihr hier arbeitet?

Daniel

Wir haben hier so ein Sprichwort: „Wenn Siemens weiß, was Siemens wüsste.“ Ich kenne mich jetzt durch meine Historie in dem industriellen Kommunikationsumfeld sehr gut aus, aber was unseren Bereich ausmacht ist, dass wir uns schon seit vielen Jahren mit Kommunikation beschäftigen. Wir machen bereits seit 2004 industrielles WLAN. WLAN oder Wi-Fi, ist eine Technologie, die für Consumer entwickelt wurde. Wir haben uns damals schon gedacht, dass das eigentlich für Industrieapplikationen wie ein AGV oder einen Kran sehr praktisch, weil man leider nicht überall ein Kabel hinziehen kann. Damals haben wir durch spezielle Features und Erweiterungen die WLAN-Technik industrietauglich gemacht, um diese Robustheit und die Deterministik entsprechend herzustellen. Damals hat diese Journey begonnen. WLAN hatte in der Vergangenheit oft den Ruf, gerade dann nicht zu funktionieren, wenn man es am dringendsten benötigt. Mit diesen Erweiterungen haben wir jedoch gezeigt, dass es äußerst robust und zuverlässig sein kann, wenn es sorgfältig geplant und implementiert wird, und wenn vor Ort keine oder nur wenige Störquellen vorhanden sind. Dies unterstreicht auch die Tatsache, dass viele deutsche Automobilhersteller unser WLAN erfolgreich in ihrer Produktion einsetzen. Wenn hier etwas schiefgeht, stehen natürlich bestimmte Kennzahlen auf dem Spiel. Wenn eine Autoproduktion beispielsweise nur für 10 Minuten unterbrochen wird, können schnell 5 oder sogar 8 Autos weniger produziert werden.

Damals hat der Mobilfunk oder die drahtlose Kommunikation ihren Anfang genommen und sich über die Zeit entwickelt. Seit ein paar Jahren ist das Thema industrielles 5G ganz klar auf dem Radar, denn das ist eine Technologie, um industrielle Use Cases nativ anzubieten. Das jetzt in die Industrie einzuführen ist klar unser Fokus. Das ist natürlich eine Mammutaufgabe, denn die Industrie ist durchaus langsamer im Adaptieren von Technologien, aber in diesem Fall ist die Resonanz sehr hoch. Insbesondere die verarbeitende Industrie, die Prozessindustrie, die Stromerzeuger und die Stromverteilung sowie die erneuerbaren Energien wie Windparks, aber auch alle Arten von Bahnen und öffentlichen Verkehrsmitteln sowie Oil & Gas.

Was mich interessiert, sind natürlich immer die Use Cases. Jetzt habe ich gerade schon fahrerlose Transportsysteme angesprochen. Kannst du uns ein paar Use Cases sagen, die mit 5G jetzt in die Anwendung gehen?

Daniel

Also ich denke da gibt es ein paar, die einem ganz klar ins Auge fallen, gerade wenn sich irgendwas bewegt und kein Kabel angeschlossen werden kann. Die fahrerlosen Transportsysteme sind da ganz klassisch, Kräne, mobile Roboter, smarte Tools, die mittlerweile eingesetzt werden, die kein Kabel mehr dran haben oder entsprechende Edge-Anwendungen, Kamerastreaming zum Beispiel.

[11:28] Herausforderungen, Potenziale und Status quo – So sieht der Use Case in der Praxis aus

Es ist ja jetzt immer so, dass ja auch hinter jeder Technologie irgendwo im besten Fall ein Business Case steckt. Können wir mal bei diesem Beispiel fahrerlose Transportsysteme bleiben. Was ist jetzt für eure Kunden der Business Case?

Daniel

Also wir werden das jetzt ganz oft gefragt: was ist denn der Killer Use Case, der jetzt den Invest in 5G rechtfertigt? Einen einzelnen gibt es aktuell noch nicht. Bei der Intralogistik ist dieses Thema schon sehr dominant, denn da bewegt sich viel. Wir haben diese fahrerlosen Transportsysteme, diese Pick-and-Place Gerätschaften, die da immer mobil unterwegs sind. Im Grunde geht es darum, diese Endgeräte und Maschinen deterministisch und zuverlässig anzusteuern. Wenn Amazon beispielsweise nicht in der Lage ist, Waren zu laden und zu verpacken, entstehen ihnen unmittelbare finanzielle Verluste. Diese harten Anforderungen an Echtzeit sind da der dominante Treiber und auch oft der Business Case, der den Invest rechtfertigt.

Gibt es noch andere Dinge, die dort mit reinspielen? Ich habe bestimmte Geschwindigkeiten und Latenzen, die jetzt mit 5G reinkommen. Gibt es auch bestimmte Risiken, wenn ich das nicht mit diesem Standard mache? Hast du da noch mehr Insights, was solche möglichen Business Cases angeht?

Daniel

Also, das, was wir heute mit 5G machen, haben wir bereits seit vielen Jahren mit WLAN gemacht. Der entscheidende Mehrwert, den 5G heute bringt, besteht darin, dass wir verschiedene Applikationen gleichzeitig auf derselben Infrastruktur ausführen können. Als Beispiel sei ein Stahlwerk genannt, das bereits vorher mit unserem WLAN ein AGV getestet hat. Sie planen jetzt auch, ihr Außenlager einzubinden, dann kommt der Kran dazu, und es gibt noch weitere Logistik-Applikationen, die jeweils ihr eigenes WLAN genutzt haben und dadurch Interferenzen verursacht haben. Der spezielle Kunde erwartet nun von 5G, dass er nur noch eine Infrastruktur benötigt, um die verschiedenen Gewerke, Anlagen und Applikationen auf einer einzigen Infrastruktur auszuführen. Das führt am Ende zu Kosteneinsparungen, da er keine 4, 5 oder 6 WLANs aufbauen muss, wobei er oft nicht einmal genug Kanäle hat, um alles abzudecken. Mit 5G kann er dies künftig alles auf einer Infrastruktur betreiben.

Okay, das heißt sozusagen, wenn ich das nicht machen würde, müsste ich einzelne WLANs hochziehen, was irgendwo nicht skalierbar wäre und gar nicht die Performance mitliefert, die für diese unterschiedlichen Cases gebraucht werden?

Daniel

Genau, richtig. Es sind jetzt aufgrund der geopolitischen Situation die Energiepreise stark gestiegen und daher musste man schnell irgendwie Maßnahmen treffen, um Energie sparen zu können. Leider fehlt vielen Kunden, Stand heute, die Transparenz. Wo verbrauche ich denn gerade meine Energie und wo habe ich Einsparpotenzial? Jetzt in der Fabrik an verschiedensten Stellen Energiemessgeräte einzubauen, ist mit enormen Aufwänden verbunden. Ein Kabel einfach reinzulegen kostet Zeit und Geld. Ich muss entsprechende Infrastruktur schaffen, ich muss vielleicht durch einen Brandschott meine Kabel verlegen. Das ist hoher Aufwand, ein hoher Invest. Viele Kunden haben tatsächlich jetzt auch das Thema 5G entdeckt, um mal schnell in einer Anlage Konnektivität herzustellen. Das heißt, ich habe jetzt hier irgendwo einen Sensor, der erfasst meine Energie. Ich habe 5G in der Anlage und kann entsprechend von den Messgeräten schnell und zentral Daten einsammeln und kriege eine Transparenz, woraus entsprechende Maßnahmen abgeleitet werden können. Da ist dann schon ein relativ klarer Business Case da, Energietransparenz, um definiert Entscheidungen treffen zu können.

Was ist so die Herausforderung oder der Pain hinter diesem Thema, dass man eben nicht überall die Verkabelung machen kann aufgrund verschiedener Cases? Was hat es damit auf sich?

Daniel

Oftmals stoßen Unternehmen auch auf strukturelle Herausforderungen, bei denen der erforderliche Aufwand und die damit verbundenen Schwierigkeiten einfach zu groß sind. Wenn ich hingegen über eine universelle Kommunikationsinfrastruktur vor Ort verfüge, wird die Hürde, neue Elemente hinzuzufügen, erheblich geringer. Im Gegensatz dazu, wenn ich vor der Aufgabe stehe, kilometerlange Kabel zu verlegen, auf ein Wartungsfenster zu warten und 4-5 Mannwochen an Arbeitszeit zu investieren. Mit der Möglichkeit, beispielsweise ein IoT-Gerät an Ort XY aufzustellen, eine SIM-Karte einzusetzen und sofort Konnektivität herzustellen, reduziert sich dieser Aufwand erheblich. Dies ist ein überraschender, aber äußerst positiver Effekt, den die Integration von Energie, Datentransparenz und Konnektivität für uns erzielt hat.

Wir haben es eben schon angesprochen, es sind bestimmte Latenzen und man spricht am Ende auch über Daten. 5G ist ja am Ende das Medium oder die Transportstrecke, worüber die Daten dann gesendet werden. Gibt es trotzdem bestimmte Datenraten, die dort gegeben sein müssen für solche Use Cases? Kannst du einordnen, was da übertragen wird und über welche Echtzeitdaten wir da sprechen?

Daniel

Ja, also die klassische Automatisierung braucht nicht viele Daten. Wenn ich mir so eine Profinet-Verbindung anschaue, werden da Kilobits oder wenige Megabits gefordert. Was die Datenrate in der Industrie ausmacht, ist eher die Deterministik und diese kontinuierliche Flut an Telegrammen. Also viele kleine Telegramme im Vergleich zu „Datenbursts“. Wenn ich mir jetzt mein Tablet einschalte und etwas streame, dann lädt er im Prinzip den halben Film schon mal vorab runter und dann ist erst mal auf der Luftschnittstelle wenig zu tun. Bei der Industrie sind es eher konstant wenig Daten, aber dafür mit einer kurzen Latenz. Das klassische Profinet-Gerät hat eine Standard-Einstellung von 2 Millisekunden Zykluszeit. Das ist für eine Drahtlostechnologie extrem herausfordernd und auch oft für eine Applikation gar nicht vonnöten. Über drahtlos reden wir hier von Zykluszeiten 32, 64 und 128 Millisekunden und das ist für drahtlos schwierig. 5G bietet die technologische Grundlage, um in diesen Bereich vorzudringen und dies auf zuverlässige und dauerhafte Weise zu ermöglichen.

Das sind dann genau die Cases wie fahrerlose Transportsysteme und so weiter, die solche Datenraten dann abrufen.

Daniel

Richtig. Wo natürlich Datenraten gefordert sind, sind Augmented-Reality- oder Video-Brillen. Dort wird zum Teil sehr viel Upstream-Kapazität benötigt. Das sind dann manchmal 20, 30, 40 Megabit pro Endgerät. Wenn ich jetzt irgendwo Remote Operations mache, dann sind da 4-5 HD-Kameras installiert, 2-3 nach vorne, 2-3 nach hinten. Dann komme ich da auf Datenraten von 40, 50, 60 Megabit und das war auch mit der bisherigen Mobilfunk-Technologie eher schwierig. Da sieht man eben auch einen Mehrwert bei 5G, dass man diese Upload-Kapazität entsprechend erweitern kann. 5G sieht dort vor, auch diese Upload- und Downloadkapazität entsprechend zu variieren. Üblicherweise sind es drei Download-Zeitslots und ein Upload-Zeitslot. Mit 5G kann man das auch justieren und sagen, ich mache das eins zu eins. Das heißt, ich habe genauso viel Upstream- wie Downstream-Kapazität. Oder ich kann sogar umkehren, wenn ich eine sehr datenlastige Applikation habe, dass ich mehr Upstream-Kapazität habe als Downstream-Kapazität. Das ist im Prinzip der sehr große Unterschied zu den Mobilfunknetzen, denn das Mobilfunknetz ist klar für uns Consumer gedacht. Da brauchen wir immer viel Downstream-Kapazität, weil wir immer unsere Daten auf dem Handy anschauen und streamen möchten. Wir generieren im Verhältnis relativ wenig Daten.

Ist das jetzt eigentlich auch für Use Cases spannend, die in Kombination angewendet werden? Ich als Betrieb habe ja meistens unterschiedliche Cases, die ich parallel betreiben muss. Ist es jetzt auch so, dass man eben diese verschiedenen Datenraten richtig zusammenbringen muss? Ist das auch ein Thema?

Daniel

Das ist eine der Herausforderungen, da hast du recht. Ich denke, was wir in der Industrie brauchen, ist nicht höchste Datenraten, sondern verlässliche Datenraten. Klar, ich muss eine gewisse Infrastruktur und Kapazität zur Verfügung stellen, was natürlich auch stark vom Spektrum abhängt. Daher ist das eine sehr schöne Situation in den Ländern, wo es private Frequenzen gibt, wo ich eben über die 100 MHz doch viel erreichen kann. Aber die Netze, die wir brauchen, sind jetzt nicht auf höchste Datenraten ausgelegt, sondern auf die Kombination aus vernünftiger Datenrate und niedrigen Latenzen, um eben die Kamera-Applikationen und die Profinet-Applikationen parallel auf der Infrastruktur laufen lassen zu können.

Gibt es spezifische technologische Anforderungen, die von Kunden erwartet werden und bei denen ihr sagt, dass eure Lösung diese erfüllen muss? Habt ihr Bereiche, in denen ihr feststellt, dass die Anforderungen immer von Fall zu Fall variieren?

Daniel

Nicht so ganz dominant, aber was man beachten muss ist, dass 5G eine relativ komplexe Technologie ist, Mobilfunktechnologie im Allgemeinen, die natürlich für die Industrie nutzbar gemacht werden muss. Das heißt, es muss von den Automatisierern genutzt werden können, ohne viele Zusatzausbildungen zu haben. Der Fokus ist ganz klar auf der Applikation selbst, also nicht auf dem Thema 5G oder der Infrastruktur, sondern es ist nur ein Mittel zum Zweck, ein Transportmedium, das wir nutzen, um diese Use Cases zu realisieren. Daher sind die Anforderungen in der Industrie andere und daher müssen auch die industriellen Netze anders funktionieren. So eine Stahlfabrik produziert idealerweise 300 Tage im Jahr und ich kann die nicht alle sechs Wochen neu hochfahren, weil ich Firmware-Updates oder Security-Patches einspiele. Das sind Randbedingungen, wo industrielle Netze einfach komplett anders ticken als IT-Netze zum Beispiel.

Gibt es hardware-seitig auch noch Anforderungen, die damit reinspielen? Am Ende muss ich die Daten auch irgendwo aufnehmen. Ist das auch noch ein Thema bei euch?

Daniel

Ja, also ich meine dort wo produziert wird, ist normalerweise leider nicht klimatisiert. Das heißt wir haben Anforderungen an den Temperaturbereich. Im Stahlwerk wird es oft sehr warm, in einem Windpark ist es oft sehr kalt, je nachdem wo der Windpark steht. Die Geräte, die wir anschließen, haben auch eine enorm lange Lebenszeit. Wie lange haben wir unseren Office-Laptop oder ein Smartphone? Drei bis fünf Jahre, danach wird das Zeug üblicherweise ausgetauscht. Ein Schmelzofen oder ein AGV, wenn es angeschafft wird, hat üblicherweise eine Lebenszeit von 7-15 Jahren. Deswegen muss auch die Hardware und die Lösung drumherum entsprechend diesen Lebenszeiten genügen. Das ist nicht sehr leicht, denn in der IT ist die Welt durchaus schnelllebig. Daher sind die Hardware-Tauglichkeit und dieses Made-for-Industry durchaus ein wichtiger Faktor für unsere Kunden.

Ja, ich wollte gerade sagen, das ist ja auch so der eine Leit-Slogan, den ihr verfolgt, wo man einfach auch eine ganz große OT-Expertise haben muss, um solche Auslegungen dann auch hardware-seitig machen zu können.

[24:30] Lösungen, Angebote und Services – Ein Blick auf die eingesetzten Technologien

Können wir nochmal ganz kurz die Vorteile von privaten Netzen zusammenstellen? Wir haben gerade schon verschiedenste Punkte angesprochen, kannst du nochmal ganz kurz zusammenfassen, was genau die Vorteile des Einsatzes privater Netze sind?

Daniel

Privates Netz heißt ja, ich besitze oder ich bin in der Verantwortung der Infrastruktur. Das ist jetzt eben neu mit einer Mobilfunktechnologie. Das war vorher immer in den Händen der Mobilfunkprovider und eher ausgelegt auf nationale Netze. Da gab es in der Vergangenheit immer diese Frequenzauktionen, wo viele Milliarden gezahlt wurden, um eben 2G, 3G, 4G, 5G auszurollen auf nationaler Ebene. Bei einem privaten Netz habe ich das in der eigenen Verantwortung. Ich kann mir aussuchen, welche Lösung ich nutze. Ich kann mir den Anbieter dieser Lösung aussuchen. Ich kann genau dort meine Ausleuchtung festlegen, wo ich sie brauche, in einer Halle, in dem Keller meiner Halle und bin da nicht von dem Netz und der Bandbreite des Anbieters abhängig.

„Ausleuchtung“ meint jetzt, wie weit die Reichweite der einzelnen Punkte ist, womit sich dann die Geräte verbinden?

Daniel

Genau. Ich kann wie daheim auch bestimmen, wo mein Access Point ist, damit ich vernünftigen WLAN-Empfang habe. Das ist eigentlich der Schlüssel für industrielle Anwendungen von mobilen Technologien, dass ich genau weiß, wo ich es brauche und auch sicherstellen kann, dass es dort vor Ort ist, wo ich es brauche. Das ist denke ich der Hauptschlüssel. Angenommen meine Fabrik steht in einem Fußballstadion. Von Montag bis Freitag läuft mein Netz stabil. Am Samstag spielt mein Lieblingsverein Fußball. Auf einmal habe ich hier zehntausende Handys neben mir im Mobilfunknetz eingebucht. Dann wird der Provider, gemäß seines geschäftlichen Auftrags, gucken, dass die alle schönen Handyempfang haben und ich könnte dann mit meiner Fabrik das Nachsehen haben. Das ist nicht gewünscht und daher private Netze in Verbindung mit einem eigenen Spektrum ist da eigentlich der Idealfall für die Industrie.

Da ist bestimmt auch ein Security-Aspekt dabei. Man will nicht, dass jeder diese Daten irgendwie abrufen kann oder den Kontext vielleicht herstellt. Da ist das Thema Security wahrscheinlich auch sehr groß.

Daniel

Genau, also den Charme von privaten Lösungen sind eben, dass ich die Möglichkeit habe, das on-prem zu haben. Das heißt, alles befindet sich bei mir auf dem Campus in meiner Obhut. Die Daten verlassen erstmal nicht unnötigerweise meine Verantwortung und da kann ich sicherstellen, dass meine Geschäftsgeheimnisse bei mir bleiben. Niemand kann von außen sehen, wie viel Geräte ich eigentlich im Einsatz habe und was ich da genau mache. Ich bin auch auf niemanden angewiesen. Ein Mobilfunknetz ist eine kritische Infrastruktur und hat auch eine gewisse Verfügbarkeit, aber wenn es denn mal schief geht, dann würde bei einem öffentlichen Netz meine Produktion stehen. So habe ich das alles in meiner Hand. Ich kann mich selbst mit meinem Personal darum kümmern, dass es schnell wieder in Ordnung geht und kann sicherstellen, dass meine Produktion läuft, ohne Abhängigkeit von Dritten. Die bieten natürlich auch SLRs an, aber die kosten halt alle Geld. Daher ist es für uns äußerst praktisch und etwas, das wir schon seit vielen Jahren propagieren, Automatisierungstechnikern die Fähigkeit zu vermitteln, die Infrastruktur selbst zu verwalten

 

Jetzt haben wir viele Hörerinnen und Hörer, die im Wertstrom „Shopfloor“ unterwegs sind, viele Use Cases, die dort aufgezogen werden. Du hattest eingangs das Schlagwort TCP/IP mit eingebracht. Jetzt bin ich keine so technische Expertin, aber ich glaube TCP heißt ja Transmission Control Protocol und ist quasi verantwortlich für das Aufteilen von diesen Daten in kleinere Pakete, die dann quasi übers Internet übertragen werden können. IP steht für Internet-Protokoll, das für die Datenübertragung genutzt wird. Kannst du uns ein wenig mehr darüber erzählen, insbesondere im Zusammenhang mit den Schlagworten, die du zu Beginn erwähnt hast? Welche Hardware ist im Shopfloor besonders wichtig, und wie hängt dies mit den Use Cases zusammen?

Daniel

Gerne, ja. Also du hast es gerade angesprochen, TCP/IP ist das Protokoll, das im Internet überwiegend verwendet wird, um die Nutztaten von den Usern, also uns, zu übertragen. Das ist seit Dekaden im Einsatz, aber leider reicht es an mehreren Stellen nicht, um Industrieapplikationen zu realisieren. Da gibt es verschiedene Feldbus-Protokolle. Das gibt es von der PROFIBUS-Nutzerorganisation standardisiert, der Profinet. Das ist ein Sammelsurium aus verschiedenen Protokollen, unter anderem auch Profinet IO. Das ist diese hochzyklische Kommunikation, die nur auf Layer-2-Basis stattfindet.

Das sind quasi die Datenraten, um diese zu ermöglichen braucht man das Profinet IO?

Daniel

Ja, genau, richtig. Die PLC fragt praktisch jedes ihrer IO-Geräte zyklisch über Profinet IO ab und erwartet in einer gewissen Zeit die Antwort. Die Steuerung/PLC verarbeitet diese Daten, um dann aufgrund der Steuerungsaufgabe zu entscheiden: Motor an, Motor aus, Lichtschranke unterbrochen, Lichtschranke da, Analogwert, ich muss einen Motor regeln oder steuern und dergleichen. Das läuft eben über diese zyklische Kommunikation. Diese lässt sich nicht nativ übers Internet übertragen. Das heißt, ich muss das Tunneln und die Technologie entsprechend erweitern. Wir benutzen jetzt eine Protokollerweitung in unseren Anlagen, die sich da VXLAN nennt. Das ist eine Art Kommunikationstunnel der Layer 2-Kommunikation, also Profinet IO, über eine Layer 3-Infrastruktur wie aktuell 5G ermöglicht.

Sehr gut. Einfach gesprochen bedeutet das, dass ihr eine gewisse Hardware habt, die diese Abdeckung in der Halle ermöglicht. Die hängen dann irgendwo in der Halle an der Decke, könnte ich mir vorstellen. Diese Daten werden dann, wie du es gerade beschrieben hast, über dieses Profinet IO weitergegeben, um dann die einzelnen Use Cases zu realisieren.

Daniel

Ja genau, also so eine typische On-Prem Lösung würde bei uns den Core und das RAM beinhalten, das sind zwei Industrie-PCs, von dort geht es über eine Glasfaser zu den Radio-Units, die im Prinzip dann in der Halle an der Decke hängen. Dann hängt da eben noch ein Switch und eine Firewall mit dran und die UIs, die Endgeräte, senden ihre Daten über das RAM zum Core, der Core zum Switch oder Router und dann eben zum SCADA System oder zur PLC.

[31:43] Übertragbarkeit, Skalierung und nächste Schritte – So könnt ihr diesen Use Case nutzen

Produktentwicklungsstatus – das Thema ist ja in aller Munde. Industrielles 5G ist ein großes Thema für viele. Wo steht ihr da in der Produktentwicklung und was kommt da noch?

Daniel

Seit vielen Jahren pitchen wir die Technologie. Die Resonanz ist wie eingangs erwähnt sehr groß. Das Interesse ist da. Wir haben seit zwei Jahren unseren industriellen 5G-Router. Das ist ein Router, der einen 5G-Chip drin hat, der ziemlich robust ist, entsprechend zertifiziert ist, um bei AGVs, auf Zügen und in gewissen Industrien eingesetzt zu werden. Sei es Temperaturbereich, rütteln und Spannungen, die man anschließen kann. Jetzt sind wir kurz vor der Markteinführung für die industrielle 5G-Infrastruktur. Das ist praktisch das Gegenstück in der Industriehalle, was man sich einbaut, um die 5G-Abdeckung zu ermöglichen. Wir haben jetzt die letzten zwei Jahre viel Erfahrung mit unseren Pilotkunden gesammelt und in unsere Produktentwicklung einfließen lassen. Im Prinzip ist die Infrastruktur jetzt so gut wie verfügbar.

Sehr schön. Ja, das war doch ein schönes Schlusswort. Du hast auch nochmal schön die Klammer geschlossen zum Anfang bezüglich der SIM-Karte, wie das jetzt nochmal genau funktioniert. Kann man sich Use Cases vor Ort bei euch anschauen? Wo muss ich hinkommen?

Daniel

Sehr gern. Also wir werden auf der SPS-Messe in Nürnberg unsere 5G-Lösung zeigen. Aber wir haben vor ein paar Wochen auch unser Industrial Connectivity Lab in Erlangen eingeweiht. Da sind wir recht stolz drauf, wo wir das auch zeigen können, wo eben auch dieses Ecosystem getestet werden kann. Das heißt, ich überlege mir eine Komponente zu bauen oder eine Maschine zu bauen, die eine 5G-Schnittstelle haben soll. Die kann man dann gern zu uns bringen, um diese dann mal testen zu lassen. Auch bei einer Werksbesichtigung in Karlsruhe kann man sich das gerne anschauen, wo eine mobile Applikation gezeigt wird, die über 5G läuft.

An der Stelle herzliche Einladung, wenn ihr jetzt aus Erlangen oder Karlsruhe kommt oder sonst woher, kommt einfach mal vorbei, lasst uns das vor Ort mal anschauen. Mich interessiert natürlich auch, was eure Use Cases sind. Nutzt ihr das schon, setzt ihr das schon ein oder was wollt ihr damit machen? Lasst es mich wissen, schreibt mal auf LinkedIn eure Kommentare drunter. Daniel, erstmal herzlichen Dank, dass du heute mit dabei warst und so viele spannende Insights mitgegeben hast. Vielen Dank auch für die Praxisnähe. Ich würde mich freuen, wenn wir uns vielleicht in einem Jahr nochmal wieder hören und nochmal ein Update machen. Von heute erstmal vielen Dank von meiner Seite. Man hat es wirklich sehr gut verstanden. Damit würde ich das letzte Wort für heute an dich übergeben.

Daniel

Madeleine, vielen Dank für die Einladung. Vielen Dank für die Möglichkeit, hier über unsere Expertise berichten zu dürfen. Sehr gerne immer wieder und ich hoffe, du besuchst uns natürlich auf der Messe.

Auf jeden Fall. Nürnberg, ich bin da. Lasst uns treffen, ich freu mich drauf. Also mach’s gut und eine schöne Restwoche noch dir. Tschüssi!

Daniel

Danke dir auch, tschüss.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.

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Ing. Madeleine Mickeleit

Host & Geschäftsführerin
IoT Use Case Podcast