In der 141. Folge des IoT Use Case Podcasts spricht Ing. Madeleine Mickeleit mit Toni Felsner, Produktmanager bei REHAU, Michael Rehm, Produktingenieur bei REHAU, und Tias-A. Krügel, Product Owner bei grandcentrix. Im Fokus stehen die Herausforderungen, die Gebäudebetreiber im Zusammenhang mit Wasserschäden und Wasserhygiene meistern müssen, sowie die IoT-Lösungen, die REHAU und grandcentrix entwickelt haben, um diese Probleme zu adressieren.
Folge 141 auf einen Blick (und Klick):
Podcast Zusammenfassung
Wasserschäden in Gebäuden, sei es durch plötzliche Rohrbrüche oder schwer erkennbare Mikro-Leckagen, verursachen weltweit jedes Jahr Milliarden an Reparaturkosten. Für Facility Manager und Gebäudebetreiber bedeutet das nicht nur hohe Kosten und aufwändige Schadensbehebungen, sondern auch langfristige Probleme wie Schimmelbildung, die zu ernsthaften Gesundheitsrisiken führen können.
REHAU hat in Zusammenarbeit mit grandcentrix ein Wassermanagementsystem entwickelt, das speziell darauf ausgelegt ist, diese Probleme zu lösen. Dabei stehen präventive Maßnahmen wie die Früherkennung von Leckagen und die Überwachung der Wasserqualität im Vordergrund. Durch den Einsatz smarter Sensoren und einer benutzerfreundlichen App können Gebäudebetreiber in Echtzeit auf potenzielle Gefahren hingewiesen werden und sofortige Maßnahmen ergreifen, um größere Schäden zu vermeiden.
Zusätzlich ermöglicht das System eine detaillierte Analyse des Wasserverbrauchs, was angesichts steigender Wasserkosten und der wachsenden Notwendigkeit eines nachhaltigen Ressourcenmanagements immer wichtiger wird. Die Integration von IoT-Technologie in die Gebäudetechnik bietet nicht nur unmittelbare Sicherheitsvorteile, sondern unterstützt auch langfristig eine effiziente, kostensparende Verwaltung von Immobilien.
REHAU und grandcentrix zeigen in dieser Episode, wie sie den Übergang von reaktiven Maßnahmen hin zu einem proaktiven, datengestützten Wassermanagement ermöglichen.
Podcast Interview
Heute spreche ich über einen IoT Use Case der Firma REHAU, einem Hersteller von Kunststoffen aus dem Ort Rehau in Bayern. Mit dabei ist unser IoT-Partner grandcentrix, eine Vodafone-Tochter. Sie berichten heute über das Wassersicherheitssystem RE.GUARD 2.0. Was es damit auf sich hat und welche Use Cases ihr damit lösen könnt, erfahrt ihr jetzt. Alle Infos findet ihr wie immer unter iotusecase.com.
Hallo und herzlich willkommen, Tias, Michael und Toni. Wie geht’s euch? Tias, wie geht’s dir? Wo bist du gerade?
Tias
Ich bin im Homeoffice. Mir geht’s gut, auch wenn es draußen regnet. Aber da ich aus Solingen komme, der regenreichsten Stadt Deutschlands, ist das nichts Neues.
Gut zu wissen. Michael, Toni, wie geht’s euch? Ihr seid nicht zusammen hier dabei, oder? Seid ihr auch im Homeoffice?
Toni
Wir sind getrennt, aber trotzdem nah beieinander. Ich bin im Homeoffice bei Nürnberg. Wetter ist gut hier, im Vergleich zu Solingen. Ich freue mich auf den Podcast.
Ja, du bist in Nürnberg, richtig? Das ist cool, weil ich privat mittlerweile in Erlangen bei Nürnberg wohne. Wir sind also gar nicht weit voneinander entfernt, obwohl unsere GmbH in Berlin sitzt. Grüße nach Nürnberg!
Michael
Ich bin heute im Büro, also noch näher bei dir, in Eltersdorf.
Ja, das ist ja direkt nebenan. Schön! Vielleicht könnt ihr euch kurz vorstellen. Michael, möchtest du anfangen? Was machst du bei REHAU?
Michael
Ich bin seit etwa dreieinhalb Jahren bei REHAU und Produktingenieur für die Entwicklung des RE.GUARD 2.0. Ich koordiniere die technischen Themen mit den Entwicklern, betreue Tests und kümmere mich um Kundenservice und andere Aufgaben mit den zuständigen Kollegen.
Sehr schön. Und Toni, was machst du genau?
Toni
Ich bin auch seit gut dreieinhalb Jahren bei REHAU als Produktmanager Smart Home im Bereich Gebäudetechnik und betreue das RE.GUARD Projekt, insbesondere die App-Entwicklung und Connectivity.
Gibt es bei euch mehrere Bereiche oder seid ihr auf Gebäudetechnik spezialisiert?
Toni
REHAU ist eine große Firma mit vielen Geschäftsbereichen. Es gibt uns seit 75 Jahren, gegründet von Helmut Wagner. Er hatte damals die Idee, bestehende Materialien durch Kunststoff zu ersetzen, um Kosten und Gewicht zu sparen und die Verarbeitung zu verbessern. REHAU hat sich stetig weiterentwickelt. Wir sind in verschiedenen Bereichen tätig: Automotive, Fenster, Möbel, Badoberflächen, Küchen, Industrie, Energie und Polytechnik.
Genau, euer Kerngeschäft liegt in der Verarbeitung von Kunststoffen und Polymerlösungen. Darüber sprechen wir gleich noch detaillierter. Tias, möchtest du dich auch kurz vorstellen?
Tias
Ich bin Product Owner bei grandcentrix im Bereich Project Execution. Wir kümmern uns um die Organisation der Auslieferung, hauptsächlich in agilen Projekten mit Scrum-Mastern. Ich bin seit gut vier Jahren dabei.
Was ich bei grandcentrix spannend finde: Ihr seid eine Tochter von Vodafone und helft auch Kunden, eigene Produkte zu entwickeln. Ihr begleitet sie dabei und schafft Produkte, die dann an Endkunden verkauft werden. Ist das auch dein Bereich?
Tias
Genau, grandcentrix besteht aus zwei großen Units. Die eine ist Products, die eigene Produkte entwickelt, und ich arbeite in der Abteilung Solutions. Wie der Name schon sagt, sind wir Lösungspartner für unsere Kunden und entwickeln gemeinsam mit ihnen Produkte – End-to-End.
[05:27] Herausforderungen, Potenziale und Status quo – So sieht der Use Case in der Praxis aus
Könnt ihr uns und unseren Zuhörer kurz erklären, worum es heute geht? Welches Projekt stellt ihr vor?
Toni
Heute geht es um das Projekt RE.GUARD 2.0. Wie du bereits erwähnt hast, handelt es sich dabei um ein Wassersicherheitssystem. Es besteht aus einem Hauptgerät, das in der Wasserleitung installiert wird und Leckagen, auch Mikro-Leckagen, erkennt. Im Notfall sperrt es die Wasserleitung ab, um weiteren Schaden zu verhindern.
Zusätzlich gibt es einen Wassersensor, den man z.B. im Keller, der Küche oder im Bad platzieren kann. Dieser meldet Wassereintritt an den RE.GUARD, der dann die Leitung absperren kann. Er kann aber auch eigenständig genutzt werden.
Das dritte Produkt ist die App, eine sogenannte Companion-, oder Begleit-App, die alle Geräte miteinander verbindet und dem Nutzer über sein Smartphone die Steuerung ermöglicht.
Um den Use Case besser zu verstehen: Es geht hauptsächlich um Leckageerkennung, richtig? Gibt es noch andere Anwendungsfälle?
Toni
Ja, es gibt noch weitere Aspekte. Natürlich ist die Wassersicherheit ein großer Teil. Idealerweise hörst du von der App oder dem Gerät nichts, weil keine Leckage auftritt. Aber das allein reicht nicht. Wir haben viel Research betrieben und mit vielen Kunden gesprochen. Den Nutzern ist neben der Wassersicherheit auch Wasserhygiene wichtig.
Hier geht es um Warnungen bei stagnierendem Wasser, da dies die Bildung von Legionellen fördern kann, was gesundheitsschädlich ist. Außerdem gibt es eine Warnung zur Wassertemperatur, wenn sie problematisch wird.
Ein weiterer Aspekt ist das Bewusstsein für den Wasserverbrauch. Kaum jemand schaut ständig auf die Wasseruhr, aber wenn du deine Verbrauchsdaten und Trends auf deinem Smartphone siehst, bekommst du ein besseres Gefühl für deinen Wasserverbrauch. Das soll auch motivieren, sparsamer damit umzugehen.
Wenn ich das höre, denke ich, dass viele unserer Hörer aus unterschiedlichen Branchen, insbesondere mit Digitalisierungsprojekten, interessiert sein könnten. Das Thema Wassersicherheit bezieht sich also auf Leckageerkennung, richtig? Und das Thema Hygiene – ist das auch für die Food- und Beverage-Industrie relevant? Für welche Branchen ist das interessant?
Toni
Ja, das System ist primär für Ein- und Zweifamilienhäuser entwickelt und richtet sich eher an Endverbraucher. Die Food- und Beverage-Industrie ist damit nicht direkt abgedeckt, da sie wahrscheinlich ihre eigenen, sehr spezifischen Systeme haben, die auch höheren Anforderungen gerecht werden müssen.
Und das Thema Verbrauchsbewusstsein betrifft letztlich alle, vor allem im Hinblick auf Nachhaltigkeit, oder?
Michael
Genau, der Trend zeigt sich deutlich. Früher haben wir uns vor allem darauf konzentriert, Energie zu sparen. Heute, durch die klimatischen Veränderungen, wird Wasser zunehmend ein knappes Gut. Deshalb wollen wir den Nutzer dazu anregen, bewusster mit Wasser umzugehen und es einzusparen.
Ein wichtiges Thema und ein spannendes Projekt! Wie kam es dazu, dass ihr grandcentrix mit ins Boot geholt habt?
Toni
Wir hatten bereits die erste Generation des RE.GUARD 1.0, aus der wir viel gelernt haben. Es war und ist ein super Produkt – ich selbst habe es installiert und es hat sogar einen Wasserschaden bei mir erkannt und rechtzeitig die Leitung abgesperrt, sodass weiterer Schaden verhindert wurde. Trotz des Erfolgs gab es viele Learnings, etwa beim Funkprotokoll. Das Gerät nutzte ein Z-Wave-Protokoll, das gut funktionierte, aber die Kunden wünschten sich Wi-Fi und weniger zusätzliche Hardware, wie ein Gateway.
Daraus entstand dann das Konzept für die neue Version. Wir haben uns auf die Suche nach einem passenden Partner gemacht und uns schließlich für grandcentrix entschieden – eine absolut richtige Entscheidung rückblickend.
Sehr schön! Bevor wir tiefer auf die Themen Zeit, Kosten und Nachhaltigkeit eingehen, interessiert mich eure Vision in Bezug auf Digitalisierung. Ihr kommt aus einem sehr traditionellen Marktsegment und seid seit vielen Jahren marktführend. Was hat sich durch die Digitalisierung verändert, und welche Vision habt ihr für euch und eure Kunden?
Toni
Wir sind im Bereich Gebäudetechnik tätig und haben wahrscheinlich in fast jedem Haus etwas verbaut – sei es Abflussrohre, Trinkwasserleitungen oder Fußbodenheizungen. Trotzdem kennt kaum jemand die Marke, es sei denn, man ist Fachmann, z.B. Installateur oder Handwerker. Unsere Strategie ist daher, sinnvolle Ergänzungen zu unserem Portfolio zu schaffen, die das Zuhause unserer Kunden noch besser machen. Hier macht ein digitales Produkt natürlich absolut Sinn.
Gerade in diesem Podcast hören wahrscheinlich viele aus dem Gebäudesegment zu. Warum sollte man sich intensiver mit dem Thema auseinandersetzen? Was ist der Business Case dahinter? Könnt ihr erklären, welche typischen Leckagen auftreten können und welche Kosten dabei entstehen?
Michael
Gerne. Es gibt zwei Arten von Leckagen: die Makroleckage, klassischerweise ein Rohrbruch, und die Tropfen-Leckage. Einen Rohrbruch, wie z.B. bei einem geplatzten Waschmaschinenschlauch, erkennt man meist schnell. Der RE.GUARD reagiert sofort, schließt die Wasserleitung und minimiert den Schaden. Hier ist die Reaktionszeit oft kurz, sodass die Schäden meist begrenzt bleiben.
Schwieriger wird es bei Mikro-Leckagen, wie z.B. einem tropfenden Wasserhahn oder einer defekten Toilettenspülung. Diese verursachen über die Zeit erhebliche Wasserkosten, auch wenn das Wasser derzeit noch relativ günstig ist. Problematischer wird es, wenn die Leckage hinter einer Wand liegt. Es dauert oft lange, bis die Feuchtigkeit sichtbar wird, und in der Zwischenzeit können Schimmel und größere Schäden entstehen. Dann müssen Wände aufgerissen und Installationen ersetzt werden. Versicherungen schätzen den durchschnittlichen Schaden auf etwa 2.500 Euro. Was aber nicht ersetzt werden kann, sind immaterielle Schäden, wie der Stress durch wochenlange Trocknungsgeräte oder der Verlust von persönlichen Gegenständen, die einen ideellen Wert haben.
Ja, absolut. Ich kenne das Thema auch aus dem Privathaushalt und versuche das jetzt auf die Industrie und das B2B-Segment zu übertragen, insbesondere auf Gebäudebetreiber und Facility-Manager. Wenn ich mir das im größeren Stil vorstelle, wie läuft die Reaktion auf Leckagen heute ab, ohne den Einsatz smarter Lösungen? Was macht man klassischerweise nach einem Schaden?
Michael
Klassischerweise bemerkt man den Schaden, wenn irgendwo Wasser tropft oder eine Wand feucht oder brüchig wird. Der erste Schritt ist dann meist, das Wasser abzudrehen und einen Leck-Orter zu rufen, der den Schaden lokalisiert. Danach wird ein Installateur beauftragt, um den Schaden zu beheben. Oft wird nur der akute Schaden repariert, aber gerade bei älteren Gebäuden besteht die Gefahr, dass weitere Schäden folgen, da das gesamte System oft vorgeschädigt ist. Facility-Manager und Hausmeister haben daher immer im Hinterkopf, dass ein weiterer Schaden jederzeit auftreten kann, und müssen entsprechend vorbeugen und überwachen.
Du hast das Thema Versicherungen angesprochen. Habt ihr auch Einblicke, welche Potenziale das für die Versicherungsbranche bietet? Ich hatte mal eine Folge mit HDI, die ist schon etwas länger her, aber wir haben ein paar Kontakte zu Versicherungen. Gibt es hier neue Versicherungspakete oder Produkte, die durch den Einsatz von Wassersensoren entstehen könnten? Wie sieht die Zukunft da aus?
Toni
Ja, definitiv. Gerade in der Konzeptphase hatten wir viel Kontakt mit Versicherungsunternehmen. Ein interessanter Fakt: Alle 30 Sekunden gibt es in Deutschland einen Rohrbruch oder Wasserschaden. Das summiert sich auf 3,8 Milliarden Euro Schaden pro Jahr. Versicherungen sind natürlich sehr daran interessiert, diese Kosten zu senken. Wie Michael vorhin schon erklärte, können wir mit unserem System einen Rohrbruch nicht verhindern, aber wir können den Schaden minimieren. Genau das ist der Punkt, der für Versicherungen interessant ist.
Ein riesiges Thema, das sich weiterentwickelt. Für die Zuhörer: Abonniert gerne den Podcast, demnächst kommt eine Folge speziell zum Thema Versicherungen und Leckagen. Aber zurück zum IoT. Mich interessieren auch die Daten und Datentypen, die für solche Projekte nötig sind. Ihr habt Wassersensoren erwähnt und auch über Funkprotokolle und Wi-Fi gesprochen. Welche Sensordaten sind das typischerweise, und wie oft müssen sie gesendet werden? Habt ihr da Insights?
Tias
Die Hardware selbst kommt von REHAU, daher kenne ich die genauen Details zu den verbauten Sensoren nicht. Aber grundsätzlich wissen wir, welche Daten grundsäztlich übertragen werden. Es hängt von den Funktionalitäten ab: Wasserdruck, Durchfluss, Gesamtvolumen – das sind wichtige Themen. Der RE.GUARD misst diese Daten kontinuierlich und sendet sie als Telemetriedaten in die Cloud. Das ist vor allem für Statistiken und Verbrauchsanalyse relevant, z.B. wie viel Wasser im letzten Monat verbraucht wurde im Vergleich zum Vormonat. Es gibt einen kontinuierlichen Datenstrom, der für Empfehlungen genutzt wird, und dann gibt es Event-basierte Daten, wenn etwas Ungewöhnliches passiert. Der RE.GUARD reagiert in solchen Fällen automatisch, ohne auf die Bestätigung des Benutzers zu warten. Das sind Ereignisse, die immer dann auftreten, wenn Werte von den voreingestellten Zahlen abweichen. In solchen Fällen wird ein Event ausgelöst, das im Backend weiterverarbeitet wird. Entweder erhält der Benutzer eine Benachrichtigung in der App oder es laufen Nachrichten ins Message Center, die meist weniger dringlich sind. Bei Bedarf, zum Beispiel wenn der Benutzer den Statistikmodus in der App aufruft, werden ihm die entsprechenden Daten angezeigt.
Mich interessiert noch das Thema Wasserhygiene. Welche Daten braucht man dafür? Sind das spezielle Sensoren, die dafür eingesetzt werden?
Michael
Wir nutzen die Grundfunktionen des RE.GUARD, um den Durchfluss zu messen. Wenn Wasser stagniert, fließt kein Wasser durch die Leitungen, und das tracken wir mithilfe von Ultraschallsensoren. Wir überwachen die Zeit, in der kein Durchfluss stattfindet. Normalerweise spricht man von 72 Stunden, danach sollte man das Leitungssystem spülen, um stagnierendes Wasser zu entfernen. Außerdem haben wir Temperatursensoren verbaut, die die Eingangstemperatur des Wassers messen. Sobald die Wassertemperatur über 25 Grad steigt, sollte man Maßnahmen ergreifen, um die Wasserhygiene zu gewährleisten.
[20:01] Lösungen, Angebote und Services – Ein Blick auf die eingesetzten Technologien
Was waren die technischen Herausforderungen, diese Daten zu erschließen? Habt ihr das anfangs selbst gemacht? Wann kam grandcentrix ins Spiel?
Toni
Wie bereits erwähnt, hatten wir mit der ersten Generation von RE.GUARD begonnen und viel daraus gelernt. In der Konzeptphase haben wir dann mit grandcentrix zusammengearbeitet. Zuerst haben wir die Hardware und die Funkprotokolle festgelegt. Dann haben wir uns mit dem Thema UX/UI beschäftigt und gemeinsam mit den Experten von grandcentrix die bestehende App und Lösung analysiert. Dabei haben wir auch viel aus anderen Bereichen und Benchmarks gezogen, um den Mehrwert für unsere Kunden zu maximieren.
Das Projekt wurde agil entwickelt, was in diesem Fall ideal war. Beispielsweise haben wir festgestellt, dass native Apps ein besseres Kundenerlebnis bieten, als wir ursprünglich gedacht hatten. Das hat sich auch positiv auf die Kosten ausgewirkt. Wir haben das Projekt Schritt für Schritt in Sprints abgearbeitet und die Ergebnisse immer wieder durch User-Tests verifiziert. So ist eine sehr kundenfreundliche und einfache Lösung entstanden.
Michael
Genau. Wie Tias schon gesagt hat, ist grandcentrix sowohl Lösungsanbieter als auch Entwickler und Produzent. Diese Doppelfunktion hat uns in der Entwicklung sehr geholfen, da sie beide Sichtweisen kennen und die Expertise sowohl aus der Firmware-Perspektive der Geräte als auch aus der App-Entwicklung mitbringen konnten. Dadurch konnten sie ihr umfassendes Verständnis voll einbringen.
Tias, für diejenigen, die vielleicht ein ähnliches Projekt umsetzen wollen, was sind typische Bausteine, die ihr liefert? Wir haben schon von den Funkprotokollen gehört. Kannst du etwas genauer erklären, welche Komponenten eure Lösung umfasst?
Tias
Aus Sicht von grandcentrix liefern wir in der Regel alles, was für eine End-to-End-Lösung benötigt wird. Diese Fähigkeit, beide Seiten zu verstehen, hilft uns enorm, insbesondere wenn ein Kunde wie REHAU die Hardware hat und wir das Backend entwickeln. Unsere Backend-Entwickler sind es gewohnt, mit Hardware-Teams zu kommunizieren, was Hürden deutlich reduziert. Für eine vollständige Lösung benötigt man die Hardware, ein Backend und in den meisten Fällen eine App.
Im Fall von RE.GUARD wurden der Wassersensor und das Hauptgerät kundenseitig entwickelt. Es war ein iterativer Prozess, bei dem wir die Hardware-Stände in unseren Sprints umsetzten. Unser Ziel war es, nach jedem Sprint ein funktionsfähiges Ergebnis zu haben – eine App und ein Backend, das mit der aktuellen Hardware-Version interagiert. Das ermöglichte es uns, alles in Echtzeit zu testen.
Darüber hinaus haben wir uns auf einen Funkstandard, ein Datenmodell und eine Backend-Plattform geeinigt. grandcentrix arbeitet mit Azure und AWS, und da REHAU ein AWS-Haus ist, haben wir die Lösung auf AWS aufgebaut. Die Anforderung war, so viel wie möglich „von der Stange“ zu nutzen, also nur das zu entwickeln, was wirklich notwendig ist, und möglichst viele Amazon-native Features zu verwenden, wie z.B. Device Shadows und die Timestream-Datenbank. Das ist uns gut gelungen. Natürlich gibt es manchmal Diskussionen, weil es oft verschiedene Wege gibt, ein Ziel zu erreichen, aber wir haben immer gemeinsam eine Lösung und eine valide Begründung erarbeitet. Die großen Eckpunkte waren von Anfang an klar.
Toni hat es bereits erwähnt: Eine native App war für REHAU die bessere Wahl im Vergleich zu einem Framework. Die Cloud-Anwendung war ebenfalls klar definiert, und der Rest wurde entsprechend geliefert. So hat sich alles gut ineinandergefügt.
Und wie funktioniert die Datenvisualisierung und Auswertung in der App, die ihr auf AWS hostet? Toni, ist das etwas, das REHAU übernimmt? Wie sieht das Ergebnis für den Nutzer aus?
Toni
In der App kann der Endkunde seine Wasserverbräuche auf Tages-, Wochen-, Monats- und Jahresbasis einsehen. Außerdem bietet die Verbindung mit dem Backend in der AWS-Cloud die Möglichkeit, bei Support- oder Servicefällen direkt auf die Geräte zuzugreifen. Wenn der Kunde eine Serviceanfrage stellt, können wir schnell reagieren und prüfen, ob die Einstellungen korrekt sind oder ob kundenseitig ein Fehler vorliegt – sprich, Fernwartung.
Wir pflegen die Produkte regelmäßig, z.B. durch Over-the-Air-Firmware-Updates für die Sensoren und den RE.GUARD. Ein großer Vorteil ist, dass wir die Daten haben und auf dieser Basis die Produkte kontinuierlich verbessern können.
Okay. Das heißt, ihr habt jetzt gemeinsam ein neues Produkt entwickelt, den RE.GUARD 2.0, den ihr an eure Kunden weiterverkauft. Ihr agiert hier also als Partner, und euer Kunde ist dann vermutlich ein Facility Manager, ein Gebäudebetreiber oder ein Handwerker, der das operativ umsetzt. Am Ende hat er das von euch entwickelte Gerät, also ihr verkauft es direkt an den Endkunden, richtig?
Toni
Genau, das ist ein bisschen länderspezifisch, wie die Vertriebswege aussehen und wie viele Stufen da integriert sind. Aber du sprichst einen wichtigen Punkt an: Das Gerät muss in die Wasserleitung integriert werden, was normalerweise einen Installateur erfordert – ähnlich wie bei Elektrik, da holt man auch einen Elektriker. Der Installateur kümmert sich in der Regel um die Installation rund um die Wasserleitung, hat aber oft kein Interesse daran, auch die App zu installieren und das Onboarding durchzuführen. Deshalb war eine der wichtigsten Anforderungen, dass das Onboarding sehr einfach sein muss. Wir haben uns für eine Bluetooth-Verbindung entschieden, um das Gerät ins Wi-Fi-Netzwerk zu bringen. Die Schritt-für-Schritt-Anleitung in der App ist sehr intuitiv gestaltet, sodass es sowohl für junge, digital affine Menschen als auch für ältere Nutzer einfach zu bedienen ist. Die Nutzergruppe ist sehr breit, daher musste die Inbetriebnahme wirklich für jeden verständlich und einfach sein.
[27:50] Übertragbarkeit, Skalierung und nächste Schritte – So könnt ihr diesen Use Case nutzen
Tias, wie ist es, wenn mein Anwendungsfall nicht klassisch die Leckage-Erkennung betrifft? Ihr arbeitet ja mit vielen verschiedenen Kunden und Branchen zusammen. Ihr habt z.B. einen Rolltor-Betreiber als Kunden. Wenn jemand einen ähnlichen Case hat, kann man das auf andere Branchen übertragen?
Tias
Ja, absolut. Wenn man es etwas abstrahiert, wie Toni vorhin sagte, reden wir hier von einer Companion App, die als Schnittstelle zu einem Gerät dient. Das kann ein Rolltor sein, ein Krankenhausbett oder eine Lichtinstallation – Smart Lighting ist auch ein großes Thema bei grandcentrix. Es spielt keine Rolle, welches Gerät gesteuert wird, wir bieten Lösungen für verschiedenste Produkte an. Solange es ethisch und moralisch vertretbar ist, gibt es nichts, was wir nicht irgendwie verbinden könnten. Wir haben auch schon Türöffner und viele andere Dinge vernetzt. Letztlich geht es darum, die beste Lösung zu finden. Wir sprechen mit den Kunden, hören uns ihre Anforderungen an und finden gemeinsam heraus, was machbar ist.
Ja, das ist das Spannende am IoT. Es gibt so viele verschiedene Anwendungsfälle, und es ist faszinierend, was ihr heute vorgestellt habt. Wenn jemand Interesse hat oder einen ähnlichen Fall hat, werde ich eure Kontakte in den Show Notes verlinken – zu dir, Tias, und natürlich auch zu Michael und Toni. Ihr könnt dann auch gerne auf LinkedIn Kontakt aufnehmen. Alle Informationen zum Projekt werde ich ebenfalls in den Show Notes bereitstellen. Vielen Dank an euch! Ich habe noch viele Fragen, aber die heben wir uns für einen Folgetermin auf. Ich fand es sehr spannend und klar, den Business Case zu verstehen, warum ihr das macht, was im Markt passiert und welchen Mehrwert es gibt.
Ich wünsche euch viel Erfolg für die zukünftigen Projekte und die Weiterentwicklung dieses Projekts. Vielen Dank, das letzte Wort überlasse ich euch.
Michael
Vielen Dank. Ich fand es auch sehr interessant. Es war ein spannender Einblick, und die Zusammenarbeit mit grandcentrix, Tias und seinem Team war wirklich großartig und lehrreich. Wir haben viele wertvolle Erfahrungen gemacht, und ich freue mich, wenn wir weiterhin so gut zusammenarbeiten.
Toni
Dem kann ich nur zustimmen. Wie ich bereits gesagt habe, war es definitiv die richtige Entscheidung, mit grandcentrix zusammenzuarbeiten. Sie sind absolute Experten, vor allem im Bereich Cybersecurity, was für uns extrem wichtig ist. Es ging uns um Zukunftssicherheit – schließlich sprechen wir hier von Gebäudetechnik, nicht von Consumer Electronics. Das bedeutet, die Systeme, die wir jetzt installieren, werden nicht alle zwei Jahre ausgetauscht, sondern müssen langfristig sicher und zuverlässig bleiben. Das gibt unseren Kunden auf jeden Fall mehr Sicherheit. Es ist ein digitales Produkt, das stetig weiterentwickelt wird, und wir werden weiterhin genau beobachten, welche Kundenwünsche aufkommen, um darauf einzugehen.
Tias
Ich gebe den Dank gerne zurück. Es war und ist ein großartiges Projekt. Unser Backlog ist noch lang, also haben wir noch einiges zu tun. Wir freuen uns auf das Kundenfeedback, weil wir dann wissen, welche Prioritäten wir setzen müssen. Agile Methoden haben bei diesem Projekt wunderbar funktioniert. Manchmal wird Agile kritisiert, aber für dieses Projekt war es genau der richtige Ansatz, das Backlog systematisch abzuarbeiten und in jedem Sprint etwas Nutzbares zu liefern, das alle testen konnten. Das hat das Team und die Kundenbeziehung gestärkt und das Produkt verbessert. Es war vielleicht nicht immer „Scrum by the book“, aber es war definitiv ein erfolgreiches Projekt.
Vielen Dank, und euch noch eine schöne Restwoche. Macht’s gut.
Michael
Tschüss.
Tias
Tschüss, vielen Dank!