In Episode 192 des IoT Use Case Podcasts spricht Gastgeberin Ing. Madeleine Mickeleit mit Guido Zoll, Entwicklung und Konstruktion bei der RAFI GmbH & Co. KG, und Christoph Schneider, Vice President Produktmanagement Applikation bei der ifm solutions GmbH. Im Fokus steht die Qualitätssicherung in der Spritzgießerei. RAFI nutzt gemeinsam mit ifm und der IIoT-Plattform moneo Prozessdaten aus Sensorik und Maschinen, um Fertigungsprozesse stabiler, energieeffizienter und transparenter zu gestalten. Die Folge zeigt, wie aus Temperatur, Druck und Durchfluss belastbare Qualitätskennzahlen werden und welche Rolle Datenintegration, Visualisierung und Anomalieerkennung dabei spielen.
Folge 192 auf einen Blick (und Klick):
Podcast Zusammenfassung
Wie lassen sich Qualität, Energieeffizienz und Prozessstabilität in der Spritzgießerei messbar verbessern, ohne die Produktion zu stören. RAFI und ifm geben einen praxisnahen Einblick. Ausgangspunkt sind typische Herausforderungen wie schwankende Werkzeugtemperaturen, unklare Kühlwassermengen und steigender Druckluftverbrauch. Ziel ist ein stabiler Prozess mit klaren Qualitätskennwerten, kürzeren Zyklen und geringerem Energiebedarf.
Die Lösung setzt auf Sensorik von ifm und die Plattform moneo. Daten aus Druck, Temperatur und Durchfluss werden über IO Link erfasst, in moneo gebündelt, visualisiert und ausgewertet. Dashboards und Alarme machen Abweichungen sichtbar, erste Insights zeigen konkrete Stellschrauben. Perspektivisch kommen Asset Health für Handlungsempfehlungen und Remote Connect hinzu.
Spannend für Produktionsleiter, Prozessingenieure und Qualitätsverantwortliche, die Qualitätssicherung und Energiemonitoring im Kunststoffbereich datenbasiert voranbringen wollen. Wer wissen möchte, welche Messgrößen in der Praxis den Unterschied machen und wie man von Signalen zu Entscheidungen kommt, ist hier genau richtig.
Podcast Interview
Hallo liebe Freunde des IoT. In dieser Folge springen wir in die Welt der Produktion, genauer gesagt in die Spritzgießerei bei der Firma RAFI. Sie sind seit 1900 Hersteller hochwertiger HMI-Komponenten wie Displays, Touchpanels oder Taster und zeigen heute, wie Prozessdaten gemeinsam mit ihrem IoT-Partner ifm und der IoT-Lösung moneo wirklich nutzbar werden. Wir sprechen über typische Herausforderungen bei der Umsetzung und teilen konkrete Ergebnisse. Ihr bekommt auch ein Gefühl dafür, worauf ihr bei euren Projekten achten solltet.
Meine Gäste heute sind Guido Zoll, er ist in der Entwicklung und Konstruktion bei der RAFI GmbH & Co. KG, einem Unternehmen der RAFI Gruppe, und Christoph Schneider, Vice President Produktmanagement Applikation bei der ifm solutions GmbH. Welchen Use Case RAFI genau umgesetzt hat, welche Einsparungen erzielt wurden und welcher Business Case dahintersteht, das erfahrt ihr jetzt. Alle Infos zu dieser und ähnlichen Umsetzungen findet ihr wie immer unter www.iotusecase.com und in den Show Notes.
Viel Spaß dabei, let’s go!
Ein herzliches Hallo an dich, Christoph, und an dich, Guido. Christoph, ich starte mal mit dir. Wie geht’s dir heute, wo erreiche ich dich gerade?
Christoph
Ich sitze bei mir im Büro, bin gerade dabei, verschiedene Dinge auszuwerten und Projekte vorzubereiten, und freue mich auf den Podcast mit dir und Guido.
Wenn du sagst Büro, wo bist du örtlich gesehen, in welcher Stadt?
Christoph
In der Nähe von Baden-Baden. Ich wohne dort und habe mein Büro in Appenweier. Ich bin allerdings bei der ifm solutions in Siegen angesiedelt und pendle regelmäßig zwischen dem Headquarter in Essen, dem Standort in Siegen, meinem Homeoffice und der Produktionsstätte am Bodensee.
Sehr cool. Und Guido, wo bist du unterwegs? Ihr seid ja, glaube ich, nicht ganz in derselben Region. Wo findet man dich gerade?
Guido
Wir sind bei der Firma RAFI in Berg bei Ravensburg. Das liegt etwa 25 Kilometer nördlich vom Bodensee.
Habt ihr dort auch die Produktion direkt vor Ort?
Guido
Genau, dort arbeiten ungefähr 1000 Personen. Entwicklung und Fertigung sind an einem Standort.
Sehr schön, freut mich, dass du heute dabei bist. Vielleicht machen wir eine kurze Vorstellung für alle, die euch noch nicht kennen. Guido, du bist in der Entwicklung und Konstruktion bei RAFI tätig und bringst langjährige Erfahrung aus der Produktentwicklung mit, besonders in Bereichen, in denen robuste HMI-Technik und Qualitätssicherung wichtig sind. Vielleicht kannst du mal erzählen, was dich persönlich an den IoT- und Digitalprojekten fasziniert und warum du deinen Job gerne machst.
Guido
Von meiner Ausbildung her bin ich gelernter Werkzeugmacher. Ich habe Spritzgusswerkzeuge gefertigt, danach Maschinenbau studiert und bin mittlerweile seit 28 Jahren bei der Firma RAFI in verschiedenen Konstruktionsbereichen tätig, über unterschiedliche Branchen hinweg. Durch meine Basis im Spritzguss habe ich den Kontakt zu Sensorherstellern gesucht und bin dabei auf ifm aufmerksam geworden. ifm bietet eine große Palette an Sensoren und mit der Software moneo auch die Möglichkeit, Prozessparameter aufzuzeichnen und auszuwerten.
Das Projekt, über das wir heute sprechen, kommt also direkt aus eurer eigenen Fertigung, also dort, wo die Spritzgussmaschinen stehen und du das Projekt auch selbst betreust, oder?
Guido
Genau. Beim Spritzgussprozess wird in einen großen Stahlblock heiße Masse eingespritzt, die anschließend wieder heruntergekühlt werden muss. Ziel ist, den Prozess und das Werkzeug genauer zu verstehen und zu erkennen, welche Parameter, etwa Kühlzeiten, Temperierzeiten oder Zykluszeiten, Einfluss auf die Qualität und Effizienz haben.
Sehr spannend. Ich würde dann gleich direkt zu eurem Projekt kommen. Christoph, noch ganz kurz zu dir zur Vorstellung. Du bist Vice President Produktmanagement Applikation bei der ifm solutions GmbH. Vielleicht kannst du die Firma kurz einordnen. Ich weiß gar nicht genau, wie lange wir uns schon kennen, aber es sind auf jeden Fall ein paar Jahre. Du fokussierst dich ja unter anderem auf die Lösungen rund um moneo. ifm ist als weltweiter Marktführer in der Sensortechnik bekannt, familiengeführt, seit vielen Jahren am Markt und mittlerweile auch stark im IIoT-Bereich aktiv. Kannst du ein bisschen erklären, wie das Thema IoT bei euch verankert ist und welche Bedeutung Projekte wie das mit RAFI für euch haben?
Christoph
Das Thema IoT hat bei uns schon früh begonnen, etwa 2003 mit der Schwingungsdiagnose. Wir haben aber schnell gemerkt, dass allein die Sensorik nicht ausreicht. Wir brauchen Lösungen. Deshalb haben wir ab 2015 begonnen, unseren Bereich IIoT aufzubauen. Unser Ziel ist, uns vom Weltmarktführer in der Sensortechnik auch zum Digitalisierer und Lösungsanbieter zu entwickeln.
Mit unserer IIoT-Plattform moneo bieten wir Analysen, Dashboards und KI-Funktionen, um Messwerte aus der OT in die IT zu bringen. Diese Daten können dort verarbeitet und analysiert werden, um dem Kunden konkrete Ergebnisse zu liefern: Wie lange läuft eine Anlage noch? Gibt es Anzeichen für Ausfälle? Wann müssen Alarme ausgelöst werden, wenn Prozesse aus dem Ruder laufen?
All das lässt sich perspektivisch mit moneo umsetzen. Unser Ziel ist, die gesamte Automatisierungstechnik einbinden zu können, also Steuerungen, Sensorik und weitere Komponenten. Zudem haben wir Schnittstellen zu ERP-Systemen, sodass wir vom Sensor bis ins ERP einen durchgängigen Datenfluss schaffen und ganzheitliche Lösungen realisieren können.
Du hast gerade gesagt, dass es bei euch um Prozessparameter und bestimmte Zeiten geht, die ihr aufnehmt. Kannst du etwas genauer erklären, warum es dieses Projekt überhaupt gibt und warum es für euch so wichtig ist?
Guido
Wir wollten genau verstehen, was während eines Spritzgusszyklus tatsächlich passiert. Dazu hatten wir einige Fragen: Wie verhalten sich die Temperaturen im Werkzeug? Welche Drücke entstehen? Wie sieht die Vorlauf- und Rücklauftemperatur der Kühlflüssigkeit aus? Wir wollten wissen, wo wir eigentlich stehen und aus diesen Kennwerten ableiten, wie wir den Prozess und die Qualität verbessern können. Zum Beispiel, ob sich an einem Bauteil mit Qualitätsabweichungen oder Toleranzproblemen erkennen lässt, dass die Kühlflüssigkeit zu warm geworden ist. Wir wollten herausfinden, an welchen Stellen man eingreifen kann, um gegenzusteuern und gleichzeitig die Zykluszeit des gesamten Prozesses zu optimieren – vielleicht sogar um ein bis zwei Sekunden zu verkürzen.
Verstehe. Vielleicht noch eine Frage vorab: Welche Produkte fertigt ihr dort genau, und für welche Art von Kunden?
Guido
Wir produzieren Kunststoffspritzgusswerkzeuge für die Mensch-Maschine-Kommunikation. Das heißt Eingabegeräte für die Medizintechnik, zum Beispiel für Computertomographen oder Röntgengeräte, aber auch für Traktoren, Pistenraupen oder andere Maschinen. Überall dort, wo der Mensch mit der Maschine kommuniziert – über Tasten, Nothaltschalter, Schlüsselschalter oder Touchscreens wie an einer Kaffeemaschine – sind unsere Komponenten im Einsatz.
Also alles rund um den Kunststoffspritzguss, sprich die entsprechenden Gehäuse oder Bauteile, die dafür benötigt werden. Du hattest erwähnt, dass ihr euch im Projekt vor allem Prozessdaten anschaut, etwa rund um den Spritzgussprozess selbst, aber auch aus den vor- und nachgelagerten Schritten, zum Beispiel den Kühlkreislauf. Sind das die Hauptdaten, die für euch interessant sind?
Guido
Genau. Neben dem Kühlkreislauf betrachten wir auch die Stromaufnahme der Maschine, um zu erkennen, wann sie Spitzenströme zieht. Außerdem überwachen wir die Druckluftversorgung des Roboterarms, um mögliche Leckagen oder gelöste Verschraubungen zu erkennen. Solche Abweichungen sieht man direkt in den Kennlinien und kann in moneo Alarme einrichten. So wird in Echtzeit sichtbar, wenn ein Problem auftritt – etwa wenn der Roboterarm ein Teil fallen lässt, weil der Druck nicht mehr stimmt.
Super interessant. Das heißt, der Business Case dahinter, also der Punkt, an dem ihr gesagt habt, hier lohnt es sich, in Technologie zu investieren – in welche Richtung geht das? Du hattest Qualitätsmanagement angesprochen. Geht es dabei vor allem um die Qualität der Bauteile, die ja für eure Kunden entscheidend ist? Oder wie rechnet ihr so einen Business Case?
Guido
Zum einen geht es um Qualität, aber auch um Quantität. Außerdem können alle im Team – vom Gruppenleiter bis zum Schichtführer – auf die Kennzahlen zugreifen. Jeder sieht in den Kennlinien sofort, wenn ein Prozess stabil läuft oder wenn etwas aus dem Ruder gerät.
Verstanden. Ihr seid ja im Projekt schon recht weit. Viele, die zuhören, stehen vielleicht noch am Anfang solcher Vorhaben. Wie seid ihr eigentlich auf die Idee gekommen, genau diese Daten auszuwählen – also zum Beispiel Spitzenströme, Druckluft oder Kühlkreislaufparameter?
Guido
Der Grundgedanke war, Ressourcen zu schonen und nur so viel einzusetzen, wie tatsächlich notwendig ist – also Kühlwasser, Strom oder Druckluft gezielt zu nutzen. Außerdem wollten wir Spitzenströme vermeiden. Wenn mehrere Maschinen gleichzeitig ihre Heizelemente einschalten, entstehen hohe Lastspitzen. Mit den erfassten Daten können wir künftig steuern, dass die Maschinen zeitlich versetzt anlaufen. So lassen sich diese Spitzen kappen und Energie einsparen.
Solche Projekte sind ja in der Umsetzung oft komplex. Christoph, vielleicht die Frage an dich: Ist es bei euren Kunden häufig so, dass ihr vor Ort bereits ifm-Sensorik findet, aber auch Komponenten anderer Hersteller? Wie läuft so eine Integration typischerweise ab – auch hier im Projekt mit RAFI?
Christoph
Zuerst führen wir Gespräche mit dem Kunden, um zu verstehen, wo genau der Schmerzpunkt in der Fertigung liegt. Welche Probleme bestehen an den Maschinen, welche Themen sind besonders relevant? Wir bringen hier viel Erfahrung mit, zum Beispiel aus früheren Projekten mit Spritzgussmaschinen. Typische Engpässe sind die Werkzeugkühlung oder der Druckluftverbrauch.
Dann schauen wir uns an, was an der Maschine bereits vorhanden ist und was nachgerüstet werden muss. Oft sind Komponenten wie Stromzähler schon integriert, die sich einfach über die Software einlesen und einbinden lassen. Auch Steuerungsdaten können interessant sein, je nach Maschinentyp. Wir prüfen also, welche Daten notwendig sind, um das Problem des Kunden zu lösen, und was eventuell nachgerüstet werden sollte. Daraus ergeben sich dann Empfehlungen, die entweder der Kunde selbst oder ein Partner umsetzt. Manchmal unterstützen wir auch mit Systemintegratoren bei der Umsetzung.
Das Ziel ist immer, die Maschine transparent zu machen. Wie Guido schon gesagt hat, ist einer der entscheidenden Schritte, die relevanten Parameter überhaupt sichtbar zu machen. Erst wenn man echte Transparenz hat, erkennt man, wo man ansetzen kann. Häufig zeigen sich Anomalien, die zuvor gar nicht auffallen. Zum Beispiel geht man oft einfach davon aus, dass im Kühlkreislauf das Wasser in ausreichender Menge fließt. Wenn das Bauteil am Ende gut aussieht, denkt man, alles passt. Aber vielleicht wird zu stark gekühlt oder die Kühlleistung ist ungleichmäßig. Wenn man genauer hinschaut, kann man die Kühlung gezielter steuern und so die Zykluszeit verkürzen.
Das führt letztlich dazu, dass man mehr Teile pro Stunde produzieren kann, ohne an Qualität zu verlieren. Und genau in diesem Moment entstehen neue Ideen: Was kann ich noch verbessern? Was passiert im Detail im Prozess, wenn das Material eingespritzt wird oder die Temperaturverläufe im Werkzeug sich verändern? Diese Erkenntnisse ermöglichen dann die nächsten Optimierungsschritte.
Das hört man ja häufig bei solchen Projekten. Spannend finde ich, dass ihr euch gezielt die Bottlenecks anschaut und euer Wissen da einfließen lasst. Ihr habt ja hunderte Use Cases, die ihr schon umgesetzt habt. Habt ihr dafür intern eine Art Wissensdatenbank, auf die ihr zurückgreift, wenn ihr zu Kunden geht? Also nach dem Motto: Spritzgussmaschine kennen wir, da gibt es meist die und die Themen? Und dann bringt der Kunde, wie in diesem Fall Guido, zusätzlich sein Prozesswissen ein, um zu sehen, wo man genauer hinschauen sollte?
Christoph
Ja, wir haben in unserem Werk am Bodensee ein Team, das sich gezielt mit Applikationen beschäftigt. Wenn wir ein neues Projekt vom Kunden bekommen, stellen wir die Anwendung bei uns nach, bauen sie also im Wesentlichen einmal auf, prüfen, ob sie funktioniert, und dokumentieren sie dann. Diese Informationen stellen wir unseren Kolleginnen und Kollegen weltweit zur Verfügung.
Wir haben dazu eine interne Webseite, auf der die Applikationen beschrieben sind – mit dem jeweiligen Anwendungsfall, dem Nutzen und dem konkreten Problem, das der Kunde hatte. So muss nicht jeder Vertriebsingenieur oder Applikationsexperte bei Null anfangen. Wenn jemand bei einem Kunden steht und sieht, dass dort eine Spritzgussmaschine läuft, kann er direkt auf das vorhandene Wissen zugreifen.
So können wir die Gespräche mit den Kunden gezielt führen und schnell herausfinden, welche Daten den größten Nutzen bringen. Erst danach geht es an die tiefergehenden Analysen oder individuelle Anpassungen.
Sehr schön. Wenn ihr jetzt zuhört, würde mich interessieren, welche Use Cases ihr selbst umsetzt. Schreibt das gerne in die Kommentare oder direkt auf LinkedIn. Jeder Use Case ist anders, aber dieser hier ist ein klassischer Fall von Qualitätsüberwachung kombiniert mit Energiemonitoring. Und an dieser Stelle auch eine herzliche Einladung, sich in unserer Community dazu auszutauschen.
Guido, Christoph, wenn es für euch okay ist, verlinke ich eure LinkedIn-Profile in den Show Notes. Dann kann man sich direkt mit euch vernetzen und Erfahrungen teilen.
[15:59] Herausforderungen, Potenziale und Status quo – So sieht der Use Case in der Praxis aus
Was waren denn die typischen Herausforderungen bei der Umsetzung? Habt ihr die Daten alle direkt bekommen, oder gab es Schwierigkeiten bei der Anbindung?
Guido
Die erste Herausforderung war, alle dafür zu begeistern. Wir haben das System installiert und seit die Teamleiter den konkreten Nutzen sehen, entstehen die richtigen Diskussionen. Sie erkennen in den Kennlinien den aktuellen Zustand des Werkzeugs und des Spritzgusszyklus. Die nächste Hürde ist nun, Erkenntnisse in Aktionen zu übersetzen. Wenn ich zum Beispiel feststelle, dass die Kühlmittelpumpe langsamer oder schneller laufen sollte, brauche ich die Freigabe und die technische Möglichkeit, die Schnittstellen der externen Geräte anzusprechen. Ich muss also auf den Hersteller des Kühl- oder Temperiergeräts zugehen, damit ich die Schnittstelle nutzen darf. Ähnlich ist es mit Robotern oder mit den Spritzgussmaschinen. Diese Bindeglieder sind entscheidend. Ziel ist, die aus moneo gewonnenen Erkenntnisse wirklich in Drehzahlen von Kühlmittelpumpen, Schwenkbewegungen von Robotern oder andere Stellgrößen zu überführen.
Das heißt, ihr greift auf Herstellerdaten zu, sprecht die Schnittstellen an und vermeidet neue Datensilos, statt zusätzliche Messpunkte aufzubauen.
Guido
Genau. An einer Maschine haben wir aktuell zwei Kühltemperiergeräte im Einsatz. Wir erfassen je vier Sensoren für die Vorlauftemperatur und vier für die Rücklauftemperatur sowie das Kühlmittelvolumen in Litern pro Minute. Wir überwachen sowohl die Auswerferseite als auch die Düsenseite. Diese Kennlinien sind zentrale Stellgrößen, an denen wir bereits Optimierungspotenziale identifiziert haben. Wenn wir zum Beispiel den Kühlkreislauf 1 mit einer bestimmten Durchflussmenge fahren und eine Temperaturdifferenz von zwei Grad Celsius akzeptieren, tatsächlich aber nur 0,8 Grad erreichen, dann drücken wir zu viel Wasser durch. Das ist Energieverschwendung. Der Durchfluss kann reduziert werden, damit die gewünschte Temperaturdifferenz erreicht wird und der Zyklus trotzdem stabil bleibt.
Fantastisch. Da wird wirklich klar, was der Business Case dahinter ist und wie sich das Projekt über die Zeit rentiert. Was mir jetzt noch durch den Kopf geht: Christoph, spielt das Thema EU Data Act bei euren Kunden auch eine Rolle? Hersteller sind ja zunehmend verpflichtet, Maschinendaten bereitzustellen. Vielleicht ist das ja sogar ein Enabler, um solche Schnittstellen zu schaffen und die Daten einfacher nutzbar zu machen. Habt ihr damit oft zu tun?
Christoph
Auf jeden Fall. Das Thema kommt immer häufiger auf. Man muss sich bewusst machen, dass in diesen Maschinen sehr viel Know-how der Hersteller steckt. Viele wollen deshalb nicht alles preisgeben, was intern passiert. Je mehr Maschinen man von einem Hersteller im Einsatz hat, desto einfacher ist es, an bestimmte Informationen zu kommen. Trotzdem ist der Zugriff auf Steuerungsdaten oft schwierig. Man weiß, dass die Daten in der SPS liegen und gemessen werden, aber man kommt eben nicht so leicht heran. Der EU Data Act könnte hier tatsächlich helfen.
Ein riesiges Thema, absolut. Ich überlege tatsächlich, dazu noch mal eine Spezialfolge zu machen. Ich glaube, wir hatten das zuletzt in Episode 107 ausführlicher behandelt. Hört da gerne mal rein, wenn ihr mehr wissen wollt. Auch in unserer Community wird das Thema intensiv diskutiert. Viele Hersteller fragen sich, wie sie den Datenzugriff ermöglichen und Schnittstellen schaffen können. Manche haben davon noch nie gehört, andere arbeiten bereits an Exportfunktionen. Ich glaube, das ist entscheidend, damit solche IoT-Projekte überhaupt fliegen können – Kooperation und offener Austausch sind hier der Schlüssel.
Christoph
Wir sehen das aktuell sehr stark, zum Beispiel in der Getränkeindustrie. Dort fordern die Hersteller zunehmend Transparenz über ihre Anlagen. Wir führen viele Gespräche in diesem Bereich, weil wir die Steuerungs- und Sensordaten nahezu aller gängigen Hersteller auslesen und weiterverarbeiten können. Das hilft nicht nur Getränkeabfüllern, sondern auch vielen anderen Industrien.
[21:03] Lösungen, Angebote und Services – Ein Blick auf die eingesetzten Technologien
Christoph, du hast ja eingangs erwähnt, dass ihr verschiedene Lösungen für Kunden bereitstellt, die sich aus unterschiedlichen Produktmodulen zusammensetzen – je nach Anforderung. Guido, vielleicht zuerst an dich die Frage: Was nutzt ihr konkret von ifm, und wie sieht die Lösung für eure Anwender aus, also zum Beispiel für den Team- oder Gruppenleiter?
Guido
Wir nutzen von ifm die Druckluftsensorik und Durchflusssensoren, zum Beispiel den SBT633 oder den Druckluftzähler SD8500. Diese Sensoren erfassen wichtige Prozessparameter und liefern uns damit die Grundlage, um unsere Prozesse gezielt zu steuern.
Und die Daten laufen dann, Christoph, wahrscheinlich in eure moneo-Software. Ihr nennt das ja moneo IIoT Devices. Das können also Sensoren aus eurer gesamten Produktpalette sein. Wie geht es dann weiter – vom Sensor bis zur Anwendungsebene?
Christoph
In solchen Projekten setzen wir konsequent auf IO-Link als Kommunikationsstandard zwischen Sensor und IO-Link-Master. Damit bekommen wir deutlich mehr Informationen aus einem Gerät heraus. Bei einer klassischen Anbindung hätte man vielleicht zwei Werte, aber über IO-Link sind es fünf oder sechs.
Ein Druckluftsensor liefert zum Beispiel den aktuellen Druck, die Durchflussmenge, die Temperatur und über einen integrierten Totalisator auch die kumulierte Menge der verbrauchten Luft. Diese Werte werden über den IO-Link-Master gesammelt, der sie auf ein Ethernet-Protokoll umsetzt und ins interne Netzwerk des Kunden integriert.
Von dort aus fließen die Daten entweder auf einen lokalen Rechner, auf dem moneo läuft, oder über ein Edge Gateway in die Cloud. Der Trend geht klar in Richtung Cloud-Lösungen, weil viele Kunden ihre eigene IT-Infrastruktur reduzieren wollen. Statt lokale Server zu betreiben, nutzen sie die Möglichkeit, die Daten direkt und sicher in die Cloud zu übertragen und dort zu analysieren.
Okay, und Guido, für euch als Endnutzer gibt es ja wahrscheinlich verschiedene Rollen. Da geht es dann um die Visualisierung der Daten. Ich weiß nicht genau, wo ihr da aktuell steht – solche Projekte sind ja oft noch im Aufbau. Aber du hattest ja beschrieben, dass ihr zum Beispiel den Kühlwasserdurchfluss, Temperaturen in den Formhälften und ähnliche Parameter messt. Werden diese Daten in moneo visualisiert oder direkt an einem lokalen Rechner?
Guido
Genau. Und dann sind vor allem die Fertigungsplaner gefragt, die diese Systeme auslegen und daraus die richtigen Schlüsse ziehen. Ziel ist, die Zykluszeiten zu verkürzen und gleichzeitig den Energieeinsatz zu minimieren, damit wir – wie Christoph schon sagte – mehr Teile pro Stunde produzieren können.
Genau, damit schließt sich der Kreis zum Anfang. Du hattest ja erwähnt, dass es langfristig darum geht, aus den Daten die richtigen Rückschlüsse zu ziehen. Ich glaube, das ist die eigentliche Königsdisziplin: sich die Daten wirklich anzuschauen und zu entscheiden, was man damit macht.
Christoph
Ganz genau. Wichtig ist, dass man mit den Daten arbeitet. So ein System ist nicht dafür da, nur schöne Visualisierungen zu erzeugen. Der Mehrwert entsteht erst, wenn man die Messwerte interpretiert und daraus Maßnahmen ableitet. Dann bekommt man auch den echten Nutzen.
Schon kurz nach der Inbetriebnahme haben wir festgestellt, dass bei einer Maschine der Druckluftverbrauch kontinuierlich anstieg. Das konnte RAFI sofort korrigieren. Dadurch wurde nicht nur eine erhebliche Menge an Druckluft eingespart, sondern auch Energie und CO₂ reduziert. Hätte man das nicht erkannt, wäre die Maschine vielleicht irgendwann ausgefallen oder der unnötige Verbrauch hätte die Energiekosten deutlich erhöht.
Sehr schön. Und das macht ihr dann mit eurem moneo IIoT Insights, richtig? Also das ist quasi die Produktgruppe dazu. Ihr helft also, diese Insights zu generieren, oder euer Kunde macht das teilweise selbst, je nach Projekt. Die Plattform ist also der Enabler, um Dashboards, Qualitätskennwerte und ähnliche Auswertungen aufzubereiten.
Christoph
Genau. moneo bereitet die Daten nicht nur auf, sondern ermöglicht auch die Weiterverarbeitung. Über moneo Insights können wir verschiedene KI-Tools mitlaufen lassen, die direkt vor Ort Berechnungen durchführen, Anomalien erkennen und Ähnliches. Aber typischerweise ist der erste Schritt immer die Transparenz. Erst wenn die Daten sichtbar sind, folgt der nächste Schritt – etwa die automatische Anomalieerkennung, um Prozesse noch gezielter zu optimieren.
[25:59] Übertragbarkeit, Skalierung und nächste Schritte – So könnt ihr diesen Use Case nutzen
Guido, was ist aktuell bei euch in Planung?
Guido
Ja, aktuell planen wir die Erweiterung auf weitere Maschinen. Außerdem wollen wir, wie Christoph gesagt hat, zusätzliche Sensoren einbinden – zum Beispiel zur Messung der Feuchtigkeit im Trockner, der Hallentemperatur oder der Klimaanlage. Ziel ist, in moneo alle Parameter zu erfassen, die Einfluss auf die Qualität der Spritzgussteile haben könnten.
Wenn man dann die Kennlinien betrachtet, erkennt man schnell, welche Faktoren den größten Einfluss haben – sei es die Hallentemperatur, die Luftfeuchtigkeit oder ein offenes Hallentor, das zu Feuchtigkeitsschwankungen führt. Es gibt viele Parameter, die man im Blick behalten muss, um dauerhaft qualitativ hochwertige Spritzgussteile zu fertigen.
Sehr schön. Und Christoph, wie siehst du das Projekt aus deiner Perspektive? Gibt es neue Produktfeatures oder Entwicklungen, die ihr gerade plant? Kannst du ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern, was in den nächsten Jahren bei euch kommt?
Christoph
Das Projekt ist sehr gut angelaufen. Wie Guido schon gesagt hat, wollen wir künftig noch weitere Elemente einbinden. Das ist genau das, was in den nächsten Projekten ansteht. Von unserer Seite werden wir noch ein Tool in moneo integrieren – das nennen wir Asset Health. Damit lassen sich aus den vorhandenen Messwerten direkt Handlungsanweisungen ableiten. So muss der Kunde nicht erst selbst interpretieren, dass zum Beispiel ein zu hoher Druckwert auf einen zugesetzten Filter hindeutet. Stattdessen zeigt ihm die Software automatisch an: Der Filter ist verschmutzt, bitte tauschen. Oder: Die Schwingung am Motor ist zu hoch, bitte Lager prüfen. Diese Funktionen helfen enorm dabei, Daten zu verstehen und direkt in Maßnahmen umzusetzen.
Ein weiterer Schwerpunkt wird Remote Connect sein. Über die moneo Cloud können wir künftig remote auf Maschinen zugreifen und mit allen Systemen interagieren, die an die Cloud angebunden sind, etwa Maschinensteuerungen. Wir entwickeln außerdem eine text- oder sprachbasierte Abfragefunktion, eine Art Chatbot. Darüber kann der Nutzer Fragen stellen wie: Wie war die Hydrauliktemperatur in den letzten 24 Stunden? Dann erhält er den Durchschnitts- und Maximalwert und kann sich auf Wunsch auch eine Kennlinie über die letzten 14 Tage anzeigen lassen. Solche Funktionen werden nächstes Jahr in moneo integriert.
Sehr schön. Vielen Dank für diesen Zukunftsblick. Vielleicht hören wir uns in ein bis zwei Jahren wieder mit einem Update, wie sich das Projekt entwickelt hat. Erstmal danke an euch beide – vor allem an dich, Guido, für den praxisnahen Einblick, wie ihr bei RAFI arbeitet und welche Mehrwerte solche Projekte für euch schaffen. Es war spannend, die Prozesse einmal so konkret nachzuvollziehen. Und natürlich auch danke an dich, Christoph, für die Einordnung aus eurer Sicht als Lösungsanbieter. Ihr begleitet Kunden ja wirklich von der Sensorik bis zur IT-Ebene, das wurde heute deutlich.
Damit überlasse ich euch das Schlusswort.
Christoph
Danke von meiner Seite für das Gespräch. Ich denke, wir konnten einen guten Einblick geben, was wir gemeinsam mit RAFI umgesetzt haben. Ich freue mich, wenn daraus Fragen entstehen und wir das Thema weiter vertiefen können.
Guido
Auch von meiner Seite vielen Dank.
Danke für eure Zeit und noch eine schöne Restwoche! Macht’s gut.


