In Episode 176 des IoT Use Case Podcasts spricht Gastgeberin Ing. Madeleine Mickeleit mit André Lange und Sebastian Creischer von ICONICS über smarte Arbeitsplatzlösungen in modernen wie bestehenden Gebäuden.
Im Fokus: Wie sich heterogene Infrastrukturen mit IoT effizient vernetzen lassen – modular, kabellos und skalierbar. Praxisnah, aus erster Hand.
Folge 176 auf einen Blick (und Klick):
Podcast Zusammenfassung
Smarte Gebäude gibt’s nicht nur im Neubau. In dieser Folge zeigen André Lange und Sebastian Creischer von ICONICS, wie sich selbst ältere Büro- und Industriegebäude mit IoT-Lösungen intelligent vernetzen lassen – ganz ohne aufwendige Umbauten.
Im Fokus stehen zwei Ansätze:
Building-Centric Anwendungen für Energie, Klima, Lüftung – und People-Centric Lösungen für Arbeitsplatzbuchung, Navigation und Raumauslastung. Beides lässt sich mit ICONICS Software modular integrieren, etwa über Genesis64 und den Intelligent Building Software Stack (IBSS).
Die Gäste erklären, wie sich verschiedenste Systeme und Sensoren – ob BACnet, Modbus, OPC UA oder MQTT – über eine Integrationsplattform sicher verknüpfen lassen. Selbst Herausforderungen wie denkmalgeschützte Bestandsgebäude lassen sich damit smart meistern.
Spannend sind Use Cases wie digitale Raumbuchung, ad-hoc Navigation per App oder Präsenz-Tracking fürs Flächenmanagement. Alles lässt sich kabellos, skalierbar und ohne Störung des laufenden Betriebs integrieren.
Zum Ausblick wird’s zukunftsweisend: KI-gestützte Anomalieerkennung, Kollegen-Finder per Bluetooth oder smarte Paketservices im Büro zeigen, wohin die Reise geht.
👉 Jetzt reinhören – und erfahren, wie IoT in Gebäuden messbaren Mehrwert schafft: für Energieeffizienz, CO₂-Reduktion und eine bessere Workplace Experience.
Podcast Interview
Viele von euch zu Hause haben ein eigenes Home-Energy-Management-System und wissen genau, wie viel Energie sie verbrauchen. In großen Gebäuden und Betriebsstätten herrscht dagegen oft ein gewisser Blindflug. Hausmeisterinnen, Hausmeister und Facility Manager geben ihr Bestes, stoßen jedoch häufig auf Probleme: Klimaanlagen laufen nachts durch, Heizzentralen bleiben in den Sommerferien aktiv – vieles wird erst bemerkt, wenn es bereits zu spät ist. In einer früheren Folge hatten wir auch einen Fall mit einer Leckage im Freibad, die erst im Winter entdeckt wurde – die Schäden gehen hier in die Zigtausende.
Wie können wir solche Herausforderungen mit IoT-Technologie lösen? Das schauen wir uns heute an. Wir beleuchten Projekte vom Flughafen Düsseldorf, der Messe Köln, dem Microsoft Campus und den Büroflächen von Deloitte – allesamt spannende Anwendungsfälle.
Wir interessieren uns dafür, welche Use Cases konkret umgesetzt wurden. Wir sprechen unter anderem darüber, wie Umweltauflagen und CO₂-Reduktion durch IoT unterstützt werden können, wie sich IoT-Lösungen in bestehende Gebäudetechnik integrieren lassen und ob KI bei der Analyse von Verbrauchsdaten helfen kann.
Dafür habe ich zwei Experten eingeladen: André Lange, Managing Director DACH von Mitsubishi Electric Iconics Digital Solutions – oder kurz: ICONICS. Darüber sprechen wir gleich noch. Und Sebastian Creischer, Business Relationship Manager bei derselben Firma. Viel Spaß bei dieser Folge! Alle Informationen zur Umsetzung solcher und anderer Projekte findet ihr wie immer unter iotusecase.com.
Let’s go.
Hallo André, hallo Sebastian!
André, wie geht’s dir heute? Wo erreiche ich dich gerade?
André
Sehr gut – in unserer Zentrale in Sankt Augustin.
Sankt Augustin – wo liegt das nochmal genau? Muss ich gleich mal bei Google nachsehen.
André
Im Umfeld von Bonn und Köln, in der Nähe des Kölner Flughafens – im Hoheitsgebiet des Rheinischen Karnevals.
Dann liebe Grüße in die Runde – an alle aus der Region und natürlich auch an alle anderen. Schön, dass du heute dabei bist, André. Tatsächlich zum ersten Mal. Ist das eigentlich dein erster Podcast?
André
Ja, ist mein erster Podcast. Ich freue mich schon.
Sehr schön, ich mich auch.
Und hallo auch an dich, Sebastian. Du bist ja schon unser alter Podcast-Hase, könnte man sagen. Wie geht’s dir und wo erreiche ich dich gerade?
Sebastian
Danke, mir geht’s gut. Du erreichst mich wie gewohnt im Homeoffice. Ich sitze in Köln und habe mich ein wenig zurückgezogen, um in Ruhe aufnehmen zu können.
Ja, das ist manchmal wichtig, um sich voll auf die Themen zu konzentrieren.
Ich überlege gerade: Du warst in Folge 110 dabei – das war mit Continental oder ContiTech – und dann nochmal in Folge 118 mit Mitsubishi Electric, richtig?
Sebastian
Ganz genau. An die Folgennummern erinnere ich mich gerade nicht genau, aber ja – ContiTech und Mitsubishi Electric, da durfte ich schon mal mitmachen.
Sehr spannend – und auch wirklich interessante Projekte. Hört da gern nochmal rein, ich packe sie euch in die Show Notes.
Heute soll es aber um ein anderes Thema gehen. André, ich beginne wieder bei dir. Du bist Managing Director DACH bei ICONICS, bringst über 19 Jahre Erfahrung in der IoT-Branche mit und hast viele Projekte im Bereich Smart Factory und Smart Building begleitet. Du hast also einen umfassenden Blick auf die Technologien, die die Industrie im Bereich Digitalisierung vorantreiben.
Zum Einstieg: Was beobachtest du aktuell für neue Herausforderungen bei euren Kunden?
Insbesondere bei der Integration von IoT-Lösungen – aber vielleicht auch darüber hinaus. Du hast ja viel Erfahrung, aber gibt es neue Themen, die du siehst? Wie entwickelt sich der Markt aus deiner Sicht?
André
Die großen Herausforderungen sind aktuell vor allem zwei: Erstens das Thema Security – extrem wichtig. Und zweitens Artificial Intelligence. Es gibt kaum ein Kundengespräch, in dem wir nicht gefragt werden, wie wir beim Einsatz von künstlicher Intelligenz unterstützen können. Das sind aus meiner Sicht die zwei größten Themen.
Trotzdem darf man nicht vergessen, dass es – gerade im Bereich Smart Building, worum es heute gehen soll – vor allem bei Bestandsbauten häufig erstmal um ganz klassische Herausforderungen geht: Bevor digitalisiert werden kann, muss oft überhaupt erstmal elektrifiziert werden. Es muss ein Kabel gelegt werden – das ist häufig der erste Schritt. Diese grundlegenden Voraussetzungen sind nach wie vor ein großes Thema.
Spannend. Über das Thema KI würde ich später gern noch etwas ausführlicher sprechen. Wir haben da ein paar Projekte, bei denen es zum Beispiel darum geht, herauszufinden, ob Aufzüge in leerstehenden Gebäuden noch laufen – und wenn ja, wie. Oder es geht um die Reduktion von Lastspitzen. Da gibt es wirklich interessante Anwendungsfälle, in die wir später gerne noch tiefer einsteigen können.
Sebastian, schön, dass du heute dabei bist. Du hast viele Projekte im Bereich Smart Building und Smart Factory begleitet – besonders im Bereich der Integration.
Was mich interessiert: Gibt es ein Projekt aus den letzten zwei, drei Jahren, das dir besonders im Gedächtnis geblieben ist? Irgendein Lieblingsprojekt oder Highlight, bei dem du sagst: Das war wirklich etwas Besonderes? Oder sind bei euch einfach alle Projekte spannend?
Sebastian
Ich würde sagen, wir machen grundsätzlich tolle Projekte. Besonders im Bereich Smart Building hat sich bei uns in den letzten Jahren eine neue Perspektive entwickelt. Neben klassischen Themen wie Gebäudeleittechnik, Managementsystemen oder Bedieneinrichtungen vertreten wir die Meinung, dass es darüber hinaus eine weitere Ebene braucht.
All diese klassischen Themen kategorisieren wir als building-centric Lösungen. Dazu gehören IoT-vernetzte Geräte, Energiemanagement, Energiemonitoring usw. Aus unserer Sicht fehlt dabei oft die people-centric Perspektive. Ein Gebäude ist letztlich eine Dienstleistung für seine Nutzer – für Mitarbeitende, Bewohner, Gäste. Die Services sollten sich also an den Bedürfnissen dieser Personen ausrichten.
Deshalb haben wir diese zusätzliche Ebene entwickelt – mit einer app-basierten Lösung. Damit ermöglichen wir nicht nur Raumbuchung oder Workplace-Management, sondern schaffen einen ganzheitlichen Blick: Wir vernetzen die Geräte und den Menschen, um Komfortwünsche zu berücksichtigen. Beispiel: Ich habe eine Präferenz für 22,5 Grad im Meetingraum. Das soll dann automatisch vor dem Termin eingestellt werden.
In diesem Umfeld sind wir mittlerweile sehr aktiv. Wir haben entsprechende Projekte umgesetzt – und das macht einfach Spaß, weil wir nun beide Perspektiven vereinen können.
André
Das sind zwei Bereiche, die wir gemeinsam abdecken: einerseits das People Centric, wie Sebastian es beschrieben hat, und andererseits das Building Centric. Letzteres umfasst die absoluten Basics – Heizen im Winter, Kühlen im Sommer, Licht bei Dunkelheit. Das sind klassische Aufgaben der Gebäudeleittechnik.
Wir möchten aber zunehmend die Mitarbeitenden im Gebäude in den Fokus rücken. Dafür haben wir eine Plattform entwickelt, die wir als „Building Operating System“ bezeichnen. Sie heißt „Intelligent Building Software Stack“, kurz IBSS. Das ist eine SaaS-Plattform, die wir für die sogenannte Gebäude-Experience und das Arbeitsplatzmanagement anbieten.
Sie umfasst beispielsweise digitale Beschilderung, Raumbuchung, Desk Booking, das Auffinden von Kollegen– und all das in einer einzigen App.
Spannend. Wir sprechen gleich noch etwas detaillierter über eure Lösungen.
Lasst uns aber noch kurz bei den Use Cases und Projekten bleiben. Ihr habt bereits über Workplace Management gesprochen und diese zwei Kategorien aufgemacht – People Centric und Building Centric.
Was sind für euch typische Use Cases, wenn man sich das Gebäude selbst anschaut?
Da gibt es ja alles Mögliche: Arbeitsplatzreservierung, Flächenmanagement, Raumklima, Luftqualitätsanalysen bis hin zu CO₂-Reporting.
Welche konkreten Use Cases fasst ihr unter dem Begriff Building Centric zusammen?
André
Im Bereich Building Centric sprechen wir von den klassischen GLT-Aufgaben – also Heizen, Kühlen, Luftqualität, Licht. Dazu zählt auch das Energiemanagement, denn, wie Sebastian schon sagte, ein Gebäude ist ein Service für Mieter, Eigentümer und Nutzer.
Dieser Service soll optimal bereitgestellt werden – natürlich mit möglichst geringen Energiekosten. Gleichzeitig gibt es gesetzliche Vorgaben, die erfüllt werden müssen. Energie- und CO₂-Verbräuche sollen möglichst niedrig sein, müssen erfasst, dokumentiert und reportet werden.
Dazu braucht es IoT-Systeme, die die Daten erfassen, speichern und auswerten. In Deutschland gibt es das Gebäudeenergiegesetz (GEG), das genau solche Systeme vorschreibt.
Eine große Herausforderung für viele Unternehmen – besonders im gewerblichen Bereich – besteht darin, die richtige Balance zu finden: Viele Mitarbeitende arbeiten inzwischen hybrid – mal im Büro, mal im Homeoffice.
Das führt dazu, dass Flächen zurückgebaut werden. Ein Beispiel: Für 3000 Mitarbeitende stehen nur noch 1500 Arbeitsplätze zur Verfügung. Das erfordert flexible Bürostrukturen. Mitarbeitende müssen morgens in der Lage sein, sich einen Arbeitsplatz oder Konferenzraum zu buchen.
Ein weiterer wichtiger Use Case sind Konferenzräume. Man möchte auswerten, wie häufig sie genutzt werden, von wie vielen Personen und ob beispielsweise das Raumklima immer optimal war. Wenn ich als Eigentümer oder Mieter feststelle, dass ein Konferenzraum für 20 Personen regelmäßig nur von vier genutzt wird, kann ich die Flächennutzung überdenken – vielleicht lässt sich der Raum in zwei kleinere Einheiten aufteilen.
Genau. Du hast gerade von Service gesprochen, und bevor ich es vergesse: Es kommt demnächst noch eine Folge mit eurem Kunden WISAG. Die ist aktuell in Planung und ich finde sie sehr spannend.
Falls ihr den Podcast noch nicht abonniert habt, macht das gerne jetzt. WISAG ist der größte Dienstleister für Immobilien, Industrie und Flughäfen in Deutschland. Wir vertiefen das heute aber nicht weiter.
Gibt es dazu konkrete Projekte, die wir uns heute mal anschauen können? Ich liebe es, praxisnah zu werden. Können wir über ein paar Beispiele sprechen, die ihr in dem Bereich umgesetzt habt?
André
ICONICS hat im Laufe der Jahre über 50.000 Gebäude mit unserer Software ausgestattet. Darunter sind einige Leuchtturmprojekte – zum Beispiel das Pentagon.
Wenn wir nach Europa und speziell nach Deutschland schauen, gehören auch die Kranhäuser in Köln dazu, verschiedene Flughäfen, Messehallen, Krankenhäuser, Universitäten und Messegesellschaften.
Es gibt also eine Vielzahl an Referenzen, bei denen unsere klassische Software eingesetzt wird, um die typischen Aufgaben im Building-Centric-Bereich abzudecken.
Okay. Wenn man sich jetzt mal typische Herausforderungen von ein oder zwei Kunden herausgreift – habt ihr da Beispiele? Was sind klassische Problemstellungen, die eure Kunden lösen wollen?
Nehmen wir zum Beispiel den Flughafen Düsseldorf oder die Messe Köln – könnt ihr ein paar Einblicke geben, was deren konkrete Herausforderungen oder Use Cases sind?
André
Wir können über alles sprechen, nur nicht immer alle Kunden namentlich nennen – das ist aus Datenschutzgründen nicht immer erlaubt.
Eine typische technische Herausforderung bei großen, gewachsenen Liegenschaften ist, dass wir es mit heterogenen, also inhomogenen Systemlandschaften zu tun haben. Gerade in Bestandsbauten sind oft über Jahre hinweg unterschiedliche Systeme und Hersteller im Einsatz. Diese müssen miteinander verbunden werden.
Im Gebäudebereich hat sich mittlerweile BACnet als Kommunikationsstandard etabliert – heute in der Version BACnet SC, also Secure Communication, um die Kommunikation zusätzlich abzusichern.
Das sind Themen, die wir beherrschen. Wir bieten eine Kommunikationsplattform, mit der wir diese Systeme harmonisieren und auf eine gemeinsame Ebene bringen können.
Verstehe. Es geht also um die technische Integration – darum, unterschiedliche Gebäudeleittechniken und heterogene Systeme zusammenzuführen. Das ist eine zentrale Herausforderung.
André
Genau. Oft bestehen Datensilos und es gibt viele unterschiedliche Systeme. Ein Ziel ist es, diese künftig intelligenter zu steuern.
Zum Beispiel durch die Einbindung externer Wetterdaten und Wetterprognosen. Diese lassen sich über Internetdienste abrufen und in die Systeme integrieren. So können Sollwerte frühzeitig eingespeist werden.
Beim Heizen oder Kühlen sind Vorlaufzeiten zu beachten – und wenn man diese kennt, kann man effizienter steuern.
Warum wäre das zum Beispiel für eine Messe relevant, Wetterdaten mit zu integrieren?
André
Das ist ganz entscheidend. Eine Messehalle muss je nach Außentemperatur entweder beheizt oder gekühlt werden – ob es draußen 5 oder 25 Grad sind, macht dabei einen großen Unterschied.
Hinzu kommt: Eine Messe muss aktiv sein, also eine Veranstaltung muss stattfinden. Dann kommen Menschen in die Halle, und aus regelungstechnischer Sicht sind Personen in Messehallen Störgrößen. Türen öffnen und schließen sich, jede Person gibt etwa 80 Watt an Wärme ab.
All das muss in einem Regelmodell berücksichtigt werden. Es macht also einen Unterschied, ob eine Messeveranstaltung stattfindet oder nicht. Wenn die Halle leer ist, muss deutlich weniger Energie eingesetzt werden.
[14:30] Herausforderungen, Potenziale und Status quo – So sieht der Use Case in der Praxis aus
Habt ihr Kunden, die wirklich einen Business Case aufstellen und klar sagen: Wenn wir bestimmte KPIs oder Ziele erreichen, dann war das Projekt für uns erfolgreich? Gibt es dafür Beispiele aus euren Projekten?
Sebastian
Ja, es gibt ganz klar unterschiedliche Kunden, die das Thema jeweils aus ihrer Perspektive betrachten.
Bei klassischen building-centric Lösungen ist die Situation oft etwas anders, denn durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) sind solche Systeme mittlerweile teilweise verpflichtend. Gleichzeitig lassen sich damit aber auch ganz konkret Energiekosten einsparen – und das über Monate und Jahre hinweg.
Einige unserer Kunden, vor allem Betreiber größerer Liegenschaften, haben es mit unserer Software geschafft, im Verlauf der letzten zehn Jahre Energieeinsparungen im Millionenbereich zu erzielen. Und das allein durch mehr Sichtbarkeit, Visualisierung und Automatisierung im Hintergrund.
Zum Beispiel: Geräte werden abgeschaltet, wenn sie nicht genutzt werden. Oder der Klassiker – ein Meetingraum ist auf angenehme 21 Grad temperiert, aber gleichzeitig laufen Heizung und Klimaanlage parallel. Unsere Systeme greifen ein und schalten eines der Geräte ab, um Ressourcen zu schonen. So summieren sich über die Zeit erhebliche Einsparungen. Das ist die eine Perspektive.
Auf der anderen Seite haben wir den People-Centric-Ansatz, bei dem ganz andere Faktoren eine Rolle spielen.
Natürlich geht es auch hier um Energiekosten, aber zusätzlich stark um Effizienz. Denn der größte Kostenfaktor eines Unternehmens sind nicht die Energiekosten, sondern die Mitarbeitenden – ihre Gehälter und ihre Produktivität.
Wir haben zum Beispiel einen Kunden, der unsere App eingeführt und im Nachgang eine Bewertung mit echten Zahlen vorgenommen hat. Er konnte auf Basis der App-Nutzung im Millionenbereich Kosten reduzieren, weil seine Mitarbeitenden deutlich effizienter arbeiten konnten. Sie fanden über ihre Zugangskarten schneller den Weg zu bestimmten Räumen, konnten Raumtypen oder Schreibtische schneller buchen. Der gesamte Betrieb wurde effizienter, Suchzeiten wurden minimiert. Klingt zunächst unspektakulär, hatte aber eine große Wirkung.
Ein weiterer Kunde sitzt in einer Metropole mit sehr hohen Mietkosten. Er wollte sich bewusst verkleinern, ohne dabei Produktivität einzubüßen.
Mit unserer SaaS-Plattform IBSS konnte er die vorhandene Fläche deutlich effizienter nutzen – für die gleiche Anzahl an Mitarbeitenden. Allein durch die Reduzierung der angemieteten Fläche konnten erhebliche Kosten eingespart werden.
Würdet ihr auch klassische Use Cases wie Beleuchtung oder Zugangskontrollen unter „People-Centric“ einordnen? Wo beginnt für euch „People-Centric“ und wo hört es auf?
Letztlich geht es ja um den Menschen, der bestimmte manuelle Prozesse durchläuft. Du hast eben schon ein paar Beispiele genannt. Aber wie genau grenzt ihr diese Use Cases voneinander ab?
Sebastian
Ich würde sagen, das ist ein fließender Übergang. Die klassische Steuerung von Licht, Klima, Heizung – das zählt für uns zum Bereich Building-centric. Aber auch in people-centric Lösungen möchte ich den Raum auf meine Bedürfnisse einstellen. Und genau da liegt unser Vorteil: Wir sind in beiden Bereichen unterwegs und können sie miteinander verbinden.
Das macht unsere Lösung besonders. Ich kann über die App nicht nur meine individuellen Komforteinstellungen vornehmen, sondern werde über BLE-Technologie erkannt – das System weiß, wo ich mich aufhalte.
Wenn ich einen Flur betrete, geht das Licht automatisch an. Verlässt niemand mehr den Bereich, geht es wieder aus.
André
Der Übergang ist genau dort, wo ich als Nutzer eines Konferenzraums meine bevorzugten Umgebungsparameter wie Temperatur oder Luftqualität bereits vorfinde, wenn ich den Raum betrete – und sie nicht erst einstellen muss.
Ich buche den Raum, komme zur vereinbarten Zeit, und die Jalousien sind auf 50 Prozent, die Temperatur liegt bei meinen bevorzugten 21 Grad. Mein persönliches Wohlbefinden für dieses Meeting ist damit sichergestellt.
Ergänzend zur Eingangsfrage möchte ich eine Zahl des World Green Building Councils nennen: 90 Prozent der Betriebskosten eines Unternehmens entfallen auf das Personal, 9 Prozent auf Miete und nur 1 Prozent auf Energie.
Wo kann ich also am meisten Potenzial heben? Bei den 90 Prozent – indem ich eine optimale Umgebung schaffe, die die Leistung der Mitarbeitenden unterstützt.
So kann ich nicht nur Energie sparen oder Mietkosten reduzieren, sondern auch die Produktivität erhöhen – weil sich die Mitarbeitenden wohlfühlen und besser arbeiten.
Gibt es Best Practices, wie sich auch in älteren Gebäuden die Produktivität der Mitarbeitenden steigern lässt?
Wie können auch andere Kunden davon profitieren? In der Produktion spricht man ja oft von Greenfield, aber bei Gebäuden ist vieles, wie ihr sagt, heterogen.
Habt ihr Beispiele von Kunden, die sagen: Ich habe ein älteres Gebäude, möchte es aber smarter machen und dabei auch Produktivität schaffen? Welche Best Practices gibt es da?
André
Solche Herausforderungen begegnen uns regelmäßig – die meisten Anwendungen finden tatsächlich in Bestandsgebäuden statt. Natürlich ist es einfacher, in neuen Gebäuden zu implementieren, aber gerade in älteren Objekten liegt enormes Potenzial.
Ein extremes Beispiel – nicht im People-Centric-Bereich, aber interessant – ist das Museum von Pompeji. Es ist das älteste Gebäude, das wir je mit unserer Technologie ausgestattet haben.
Dort dürfen keine Wände geöffnet oder Kabel verlegt werden. Deshalb wurden Sensoren eingesetzt, die aufgeklebt sind und ihre Daten per Bluetooth übermitteln. Ziel war es, die Luftfeuchtigkeit zu überwachen, um Schäden an der Bausubstanz oder der Umgebung zu vermeiden.
Wenn wir in die heutige Welt schauen: Ein großer deutscher SPS-Hersteller hat seinen Campus mit unseren Systemen ausgerüstet. Dabei handelt es sich um mehrere Bestandsgebäude mit über 1000 Mitarbeitenden in Büroumgebungen.
Auch dort konnten wir nachträglich Sensoren zur Erfassung von Luftqualität und Präsenz einbauen – kabellos und ohne großen Eingriff.
Das lässt sich heute mit moderner Sensorik relativ einfach und oft noninvasiv umsetzen.
Sehr schönes Beispiel. Ich denke, viele Zuhörerinnen und Zuhörer kennen die Herausforderung mit heterogener Infrastruktur. Es ist eben nicht so einfach, alles neu zu denken.
[22:42] Lösungen, Angebote und Services – Ein Blick auf die eingesetzten Technologien
Wie lassen sich IoT-basierte Lösungen effektiv in bestehende industrielle Infrastrukturen integrieren ohne den laufenden Betrieb zu stören?
Gibt es Lösungen, bei denen ihr sagt: Damit lässt sich eine bestehende Infrastruktur gut erweitern?
Wie würdet ihr konkret vorgehen, wenn ein Kunde kommt und sagt: Das ist meine bestehende Infrastruktur, das sind meine Anforderungen?
Wie läuft bei euch die Datenerfassung und Integration von Sensoren ab – zum Beispiel bei einem Projekt wie dem Museum?
Sebastian
Prinzipiell verstehen wir uns als Integrationsplattform – das ist ein entscheidender Aspekt.
Unser Ziel ist es, uns in bestehende Infrastrukturen zu integrieren – nicht, sie komplett neu aufzubauen oder umzukrempeln.
Dafür haben wir vor einigen Jahren unsere universelle Konnektivität entwickelt.
Das bedeutet: Wir bringen eine Vielzahl standardisierter Protokolle mit, die als Konnektoren in unserer Plattform vorhanden sind.
Gerade in der Gebäudewelt sind das häufig BACnet-Systeme. Hier sind wir zertifiziert – auch für BACnet SC, also die neue sichere Variante, die André eben angesprochen hat.
Weitere unterstützte Protokolle sind Modbus, OPC-Technologien, MQTT für IoT-Sensorik sowie IT-basierte Schnittstellen wie REST-API, Webservices oder Datenbankanbindungen. Auch Cloud-Konnektoren sind möglich.
Die Idee ist, an alle relevanten Informationen heranzukommen, sie in unsere Plattform zu übertragen, dort zu normalisieren – denn sie kommen meist in unterschiedlichen Formaten – und anschließend für Anwendungen bereitzustellen.
Das kann der Bereich Energie sein, Betrieb, Facility Management oder – eine Ebene höher – Anwendungen im People-Centric-Bereich, etwa zur Raumbuchung oder Raumsteuerung.
Nur um das kurz klarzustellen: Auf der Hardware-Seite ist es euch also egal, was angebunden wird. Der Kunde kann zum Beispiel Klebesensoren einsetzen, klassische BACnet-Systeme oder andere Technologien – und ihr integriert das entsprechend in euer System.
Ist das dann das Genesis64-System, das bei euch zum Einsatz kommt? Das ist ja, wenn ich es richtig verstehe, euer Produkt – eine Art Software-Baukasten, den eure Kunden nutzen, um genau diese Daten zu integrieren. Stimmt das so?
André
Es kommen unterschiedliche Systeme zum Einsatz. Genesis oder Genesis64 ist auf jeden Fall die Lösung, mit der wir den building-centric Ansatz umsetzen. Damit lassen sich Sensoren, Heizung, Klima und Lüftung klassisch steuern und verwalten.
Für den people-centric Ansatz verwenden wir hingegen IBSS – den Intelligent Building Software Stack.
Was die Konnektivität angeht, ist der Ansatz ähnlich, aber IBSS ist eine SaaS-Lösung. Das bedeutet: Es handelt sich um eine fertige Lösung, vergleichbar mit einem Online-Banking-Portal.
Wenn ich mich dort einlogge, sehe ich dieselbe Oberfläche wie andere Nutzer, angepasst an das jeweilige Unternehmen.
IBSS ist also eine Out-of-the-Box-Lösung mit einer App, über die sich Mitarbeitende im Gebäude bewegen, Räume buchen oder Services nutzen können.
Damit das funktioniert, führen wir ein initiales Onboarding durch. Dabei werden beispielsweise Belegungspläne integriert und die App an das Corporate Design des Kunden angepasst. Danach erfolgt der Rollout an die Nutzer.
Sehr schön.
Für alle, die gerade zuhören und ähnliche Use Cases oder Herausforderungen haben – ich verlinke euch die Kontakte von André und Sebastian in den Show Notes. Vernetzt euch gerne, wenn euch das Thema interessiert.
Außerdem packe ich euch Infos zu Genesis64 und IBSS in die Show Notes. IBSS steht für Intelligent Building Software Stack. Viele Kunden setzen diese Lösungen bereits ein – schaut da gerne mal rein.
Eine Anschlussfrage: Ihr habt eben schon die Apps angesprochen. Das heißt, ich habe als Kunde die Möglichkeit, mit diesen beiden Produkten eine Art IoT-Plattform zu nutzen – oder, anders gesagt, eine Middleware für die IT/OT-Integration.
Und auf dieser Basis kann ich dann auch die App laufen lassen. Was genau bietet ihr softwareseitig an, um die besprochenen Use Cases zu realisieren? Was steckt dahinter?
Sebastian
Wir bieten auf der einen Seite die App an, die als Interface zum Gebäude dient und die sogenannte Gebäude-Experience schafft.
Darin können verschiedene Module integriert werden. Zum Beispiel eine Outlook-Integration, oder die Anbindung an Zugangskontrollsysteme und Sicherheitsnetzwerke.
Auch die Integration verschiedener IoT-Lösungen ist möglich – sowohl von Drittanbietern als auch unsere eigenen IoT-Komponenten.
Darüber hinaus gibt es weitere Module, die die App ergänzen.
Ein Beispiel sind digitale Raumbeschilderungen, die anzeigen, wann ein Raum gebucht oder verfügbar ist. Dort können auch Ad-hoc-Buchungen vorgenommen werden.
In den Meetingräumen selbst gibt es oft ein Tablet oder eine Steuerungseinheit, die ebenfalls mit unserer Lösung ausgestattet werden kann.
Zusätzlich bieten wir sogenannte Stelen an – interaktive Displays, die zum Beispiel in der Lobby oder auf Etagen platziert werden. Sie helfen bei der Orientierung im Gebäude und können auch Social Announcements anzeigen, die wiederum mit der App synchronisiert sind.
All das wird durch eine vollständig webbasierte Plattform ergänzt.
Über diese Plattform lassen sich verschiedenste Analysen durchführen.
Beispielsweise: Wann wurden welche Räume gebucht? Welche Schreibtische sind besonders gefragt – die ruhigen hinten in der Ecke oder die Plätze an der Fensterfront?
Cool. Gibt es dazu eine Art App Store oder eine Übersicht, wo ich mich informieren kann? Das klingt nach einer ganzen Welt an fertigen Lösungen. Wo kann ich nachlesen, was es alles gibt?
Sebastian
Ja, es gibt auf jeden Fall viele Informationen auf unserer Website. Man kann uns auch direkt ansprechen, wir erklären alles gerne persönlich.
Die App selbst findet man ganz regulär im App Store und im Google Play Store.
[29:40] Übertragbarkeit, Skalierung und nächste Schritte – So könnt ihr diesen Use Case nutzen
Ich hatte es am Anfang schon erwähnt: Das Thema Künstliche Intelligenz ist derzeit ein großes Trendthema.
Habt ihr bereits etwas Konkretes im Einsatz? Oder arbeitet ihr aktuell an KI-Funktionalitäten, die wirklich schon funktionieren? Mich interessiert vor allem, was sich schon in der Praxis bewährt hat.
André
Ja, wir haben in diesem Bereich eine sehr konkrete Roadmap.
Wir erhalten starke Unterstützung aus unserem Mitsubishi Electric Research Lab in Cambridge bei Boston. Dort arbeiten sehr fähige Kolleginnen und Kollegen intensiv an KI-Algorithmen – und einige davon wurden bereits entwickelt.
Diese Algorithmen werden schrittweise in unsere Softwareprodukte integriert.
Ein erster Anwendungsbereich ist die Analyse von Zeitreihen. Dabei geht es um die Historisierung von Daten, die Erkennung von Ausreißern und deren Ursachenanalyse.
Zusätzlich arbeiten wir an Vorhersagefunktionen – also der Prediction künftiger Verläufe auf Basis historischer Daten. Zum Beispiel: Wie entwickelt sich der Energieverbrauch in den nächsten ein bis fünf Tagen unter Berücksichtigung von Wetterdaten?
Das sind sehr spannende Entwicklungen, die bald zur Verfügung stehen werden.
Unsere Roadmap beinhaltet aber auch Weiterentwicklungen unabhängig von KI – zum Beispiel die Anbindung neuer Schließfachsysteme oder Zugangskontrolllösungen.
Ein besonders interessanter Use Case ist das sogenannte „Kollegen-Finden“ in offenen Büroumgebungen. In modernen Arbeitswelten sitzt nicht jeder Mitarbeitende täglich am gleichen Platz. Die Herausforderung besteht darin, herauszufinden, wo sich eine bestimmte Person gerade befindet.
Das klingt simpel, ist aber technisch komplex. Hier kommen beispielsweise Bluetooth oder Triangulationsverfahren zum Einsatz, um die Position zu bestimmen.
Ein weiteres Beispiel: Mitarbeitende lassen sich Pakete ins Büro liefern. Der Zusteller weiß jedoch nicht, wo die Person gerade sitzt. Auch diesen kleinen Anwendungsfall wollen wir künftig unterstützen.
Super interessant.
Sebastian, hast du noch Ergänzungen von deiner Seite oder ist das schon euer Zukunftsbild?
Sebastian
Ich finde, André hat das schon sehr gut zusammengefasst. Dem kann ich nichts hinzufügen.
Ein zentrales Thema wird sicherlich Anomalieerkennung sein – da kommt einiges auf uns zu.
Aber auch die Nutzererfahrung wird weiterentwickelt – nicht nur in der Anwendung unserer Produkte, sondern im gesamten Erlebnis, das Mitarbeitende zukünftig mit ihrem Gebäude haben werden.
Spannend – das schreit fast schon nach einer weiteren Folge.
Aber zuerst kommt jetzt die geplante Episode mit WISAG, auf die ich mich schon sehr freue.
Vielen lieben Dank, dass ihr heute so praxisnah eure Ansätze vorgestellt habt – nicht nur rund um eure Digital Workplace Solutions und Smart-Building-Applikationen, sondern auch hinsichtlich der konkreten Herausforderungen eurer Kunden.
Man hat einen sehr guten Eindruck bekommen, wie breit euer Ökosystem ist, mit welchen Kunden ihr arbeitet und welche Lösungen ihr anbietet.
Ich kann nur empfehlen: Schaut euch das unbedingt mal an – wirklich spannende Projekte. Und bei Interesse gerne direkt bei Sebastian oder André melden.
Von meiner Seite aus: Vielen Dank, dass ihr heute mit dabei wart. Ich hätte noch viele weitere Fragen, aber die hebe ich mir fürs nächste Mal auf.
Das letzte Wort gehört euch – gerne noch ein Abschlussstatement.
André
Vielen Dank, Madeleine, für die Einladung und die Zeit. Es hat viel Spaß gemacht. Weitere Informationen gerne direkt bei uns.
Sebastian
Auch von meiner Seite vielen Dank. Es war ein spannender Austausch, und ich freue mich, wenn wir künftig mit dem einen oder anderen Zuhörer noch tiefer in das Thema einsteigen können.
Sehr schön. Dann euch noch eine schöne Restwoche. Macht’s gut – ciao!
Sebastian
Ciao!
André
Ciao!


