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Smart Factory bei ZEISS – Integrationsplattform schlägt Brücke zwischen IT und OT

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IoT Use Case Podcast #87 - soffico + Zeiss

Diese Folge ist vor allem für Shopfloor-Verantwortliche interessant, die wissen wollen, wie Daten strukturiert und vor allem standardisiert aus den unterschiedlichsten OT- und IT-Systemen erhoben und in andere Systeme integriert werden können. Die ZEISS Group zeigt, welchen Weg sie hier mit Orchestra von soffico gegangen sind.

Folge 86 auf einen Blick (und Klick):

  • [07:36] Herausforderungen, Potenziale und Status quo – So sieht der Use Case in der Praxis aus
  • [25:13] Lösungen, Angebote und Services – Ein Blick auf die eingesetzten Technologien
  • [34:21] Ergebnisse, Geschäftsmodelle und Best Practices – So wird der Erfolg gemessen

Zusammenfassung der Podcastfolge

Orchestra wird bei ZEISS im Wesentlichen zur umfassenden Datentransformation und -integration eingesetzt, um die Brücke zwischen IT und OT zu schlagen. Orchestra agiert dabei in der Architektur über alle Ebenen hinweg als Integrationsplattform, über die alle Methoden für die Datenkommunikation bereitgestellt und durchgeführt werden. ZEISS ist damit in der Lage, ständig neue Applikationen sowie Maschinen und Anlagen anbinden oder ablösen zu können. 

In Folge 87 des IoT Use Case Podcast erklärt der Head of Connected Smart Factory bei der ZEISS Group, Jochen Scheuerer, welchen Ansatz er für die Werke der Geschäftseinheiten gewählt hat und wie sie gemeinsam mit ihrem Partner soffico eine sogenannte „Datendrehscheibe“ mit verschiedensten Vorlagen und Templates aufgebaut haben. Diese Datendrehscheibe ist für unterschiedlichste Use Cases zur Datenanbindung und zur Integration nutzbar – ohne jedes Mal “das Rad neu erfinden” zu müssen. Stellvertretend für soffico ist Rica Holzmann (Teamleiterin International Partner Management & Sales) mit von der Partie. 

Es wird außerdem in eine Diskussion eingetaucht, wie auch andere produzierende Betriebe das Thema angehen können – mit echten Best Practices und Erfahrungswerten direkt aus der Praxis.

 

Hier ist das passende Whitepaper zum Use Case dieses Podcasts – Jetzt herunterladen!

Podcast Interview

Hallo Rica und Jochen! Schön, dass ihr heute dabei seid. Rica, wie geht es dir und wo erreiche ich dich gerade?

Rica

Hallo Madeleine, danke für deine Einladung zum Podcast! Mir geht es super, ich sitze bei uns im Büro in Augsburg.

Jochen

Ich bin ebenfalls im Büro, in Oberkochen, im Headquarter. Ich freue mich gleich auf das Essen. Wenn wir die Arbeit erledigt haben, können wir uns in unserer tollen Kantine Essen besorgen. Ich bin hier um die Kollegen kurz abzuholen und mitzunehmen.

Oberkochen, wo genau liegt das?

Jochen

Oberkochen ist fünf Kilometer von Aalen auf der Ostalb entfernt. Das ist direkt an der A7 gelegen zwischen Ulm und Ellwangen.

Ah okay, und ZEISS ist ansonsten aber auch in Jena vertreten oder?

Jochen

Genau, das Unternehmen wurde ursprünglich in Jena gegründet, ist nach dem Krieg in Westdeutschland in Oberkochen aufgebaut worden, und nach der Wende wieder zu einem Unternehmen zusammengeschmolzen.

Rica, zu soffico: Ihr bietet im Endeffekt eine Softwarelösung und vor allem eine Integrationsplattform mit dem Namen »Orchestra«. Diese dient dazu, Maschinendaten flexibel, sicher und zuverlässig miteinander zu verbinden – Stichwort Datendrehscheibe für die Smart Factory.

Ihr bietet auch verschiedenste Architekturkomponenten an, wo man die Möglichkeit hat, Applikationen schnell auszuführen und auszurollen. Das Ganze macht ihr mit Integrationsteams, habt selber ein großes Pre-Sales Team, was mit dem Kunden das Ganze entwickelt oder auch bereitgestellt wird. Ihr habt dort das Zusammenspiel von Software und Service, das geht in Richtung Dienstleistung und ihr baut das mit dem Kunden gemeinschaftlich auf. Von der Konnektivität her ist es euch egal, ob es alte oder neue Protokolle von OPC UA sind, S7 Steuerungen oder sogar MQTT zur Anbindung von smarten Sensoren.

Ihr seid ebenso die Experten für das Thema der Integration – Datendrehscheibe im Kontext auch Daten zu integrieren, egal ob das SAP-Daten sind oder aus anderen IT-Systemen wie MES oder anderen Cloud-Systemen.

Zuletzt seid ihr als Teil der x-tention-Unternehmensgruppe unterwegs und ihr digitalisiert mit soffico die Organisation der Industrie mit entsprechenden Services, bis hin zum Betrieb.

Du bist Teamleiterin im Bereich Partner-Management und Sales, sogar international. Was ist hier deine Aufgabe und mit welchen Kunden arbeitet ihr hier?

Rica

Da kann ich nicht viel zum Produkt ergänzen. Unsere Kunden sind hauptsächlich im Bereich des »exzellenten« deutschen Mittelstandes unterwegs, sowohl in der Prozessfertigung, als auch in der diskreten Fertigung. Wir haben nicht nur die produzierenden Unternehmen bei uns im Kundenstamm, sondern auch Unternehmen – wir nennen es »die aus dem serviceorientierten Bereich« entstammen; also Kunden aus dem Banking, E-Commerce, aus der Versicherungsbranche und aus der Logistik. Auch andere Unternehmen, die einen Bedarf an hochskalierbaren IT- und OT-Integrationen haben bedienen wir.

Du hast schon richtig erwähnt, wir sind ein Teil der x-tention-Unternehmensgruppe. x-tention selbst fokussiert sich hauptsächlich auf den Bereich Gesundheitswesen. Wir konnten uns hier sehr gut einen Namen in der Unternehmensgruppe aufbauen, insbesondere im Bereich E-Health, elektronische Patientenakte & co. Die soffico profitiert davon sehr, weil wir es gewohnt sind, im kritischen Bereich, im regulierten Umfeld, eingesetzt zu werden mit unserer Software und können damit spezifische Anforderungen aus dem regulierten Umfeld erfüllen, und bringen die entsprechenden Zertifizierungen mit und können bei der Validierung unterstützen.

Alleine das Thema »Gesundheitswesen« ist ein riesiger Bereich. Du bist dafür zuständig mit Partnern und Kunden das Ganze aufzubauen und umzusetzen, oder?

Rica

Genau, wir sind bei soffico sehr technologieorientiert, das heißt wir arbeiten sehr eng mit Kunden oder Partnern zusammen. Das geht von der Idee, über die Konzeption, bis hin zur Betreuung der Umsetzung und sind sehr partnerschaftlich in der Betreuung von unseren Kunden und unserem Partnerportfolio.

Du hast heute Jochen von der Firma »ZEISS« mitgebracht, wir springen praktisch in den Kontext der smarten Factory. Wie habt ihr euch zunächst kennengelernt?

Jochen

ZEISS ist ein großer deutscher Hersteller von kleinen Dingen, bis hin zu großen Maschinen. Hier war es so, dass ein Zukauf in unserem Unternehmen stattgefunden hat; wir haben einen MES-Hersteller gekauft. Bevor wir das Produkt bei uns im Hause eingesetzt haben, haben wir erst geschaut, was die machen und wie das funktioniert. Man hat uns zur Anbindung der damaligen Lösung einfach Orchestra empfohlen, von der Firma soffico, weil es multifunktional einsetzbar war. Das war der erste Kontakt, den wir aus Oberkochen nach Augsburg geschlossen haben.

Herausforderungen, Potenziale und Status quo – So sieht der Use Case in der Praxis aus [07:36]

Rica, was für Use Cases bedient ihr generell und welchen schauen wir uns mit ZEISS zusammen genau an?

Rica

Unsere Lösung wird in unterschiedlichen Bereichen bei unterschiedlichen Kunden und Partnern eingesetzt. Das geht von beispielsweise Connectivity-as-a-Service, über OEE-Analytics, Condition Monitoring oder auch MES-Anbindung, wo man mit einem Partner gemeinsam Use Cases umsetzt, bis hin zu großen Instanzen, wie man es beispielsweise bei verschiedenen weltweit agierenden Technologiekonzernen finden kann. Hier ist Orchestra zentraler Mittelwert, um Datenaustausch implementieren zu können.

Wir unterstützen auch unterschiedlichste Use Cases, beispielsweise Energiedatenmanagement oder digitale Fertigungsaufträge. Bei der Firma ZEISS würde ich sagen, dass das Ganze nochmal etwas größer gedacht wurde. Hier geht es wirklich darum, ein ganzes Datenintegrationslayer einzuziehen, um wirklich eine komplette Integrationsarchitektur hochskalierbar zu ermöglichen, wo man bis hinunter auf die OT gehen kann und dort die Daten sammelt, aggregiert und dann IT-Systemen zur Verfügung stellt. Ansonsten sind unsere Anwendungsfälle sehr vielfältig; das liegt sicher auch daran, dass Konnektivität mit die Grundlage für verschiedene Use Cases ist, die man darauf aufsetzt, die dazu beitragen, dass Daten sichtbar, transparent werden und irgendwann prognosefähig werden.

Diese Integrationsarchitektur gilt es heute zu verstehen. Jochen, ihr seid ein weltweit führendes Technologieunternehmen, der optischen und optoelektronischen Industrie; ihr produziert verschiedenste Lösungen für die industrielle Messtechnik und Qualitätssicherung, auch im Bereich der Mikroskopielösungen. Das sind sowohl kleinste Geräte, als auch Maschinen, die ihr herstellt.

Ihr habt einen Jahresumsatz von 7,5 Milliarden Euro, Stand: 2021, 35 Tausend Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, seid in 50 Ländern vertreten und habt einen entsprechenden Unternehmenshintergrund; 1846 in Jena gegründet und alleinige Eigentümerin der Dachgesellschaft ist die Carl Zeiss AG und auch die Stiftung, die eine der größten deutschen Stiftungen zur Förderung der Wissenschaft beinhaltet.

Eins euer Wachstumsfelder ist das Thema »I4.0« und der Einsatz von IIoT-Technologien. Kannst du uns etwas zu eurem Portfolio sagen? Auch was deine konkrete Aufgabe ist, und die Vision die dein Team vorantreibt.

Jochen

Wie du schon erwähnt hast, ein großes Unternehmen, lange Historie, seit der Wiedervereinigung 1990 mit dem ehemaligen ZEISS-Ost-Kombinat im Westen wieder zusammengeschlossen. ZEISS hat inzwischen vier große Business Units.

Zunächst die umsatzstärkste Business Unit, die Lithografie, das heißt wir stellen für einen weltweit führenden Hersteller Belichtungsgeräte her, um Chips zu machen. Ohne ZEISS gibt es keine Belichtung, ohne Belichtung keinen Chip, und ohne Chip kein IPhone. Wir haben einen äußerst hohen Marktanteil und sind glücklich darüber, dass praktisch alle Chips auf der Welt mit ZEISS Belichtungsmaschinen hergestellt wurden, auch die Verkleinerung spielt hier eine große Rolle.

Der zweite Bereich ist die Medizintechnik. Wir stellen Medizintechnikprodukte her, um Augen-OPs durchzuführen; hier sind unter anderem auch Mikroskope dabei. Erst kürzlich haben wir einen deutschen Zukunftspreis gewonnen, wo wir die Vermehrung von Zellen beobachten können, ohne dass viel Licht drauf fällt, da eine Zelle sich bei zu viel Licht nicht vermehrt. Mit R&D (=Research & Development) sind wir sehr weit dabei, den Menschen zu helfen.

Der dritte Bereich ist die klassische Messtechniksparte: 3D Koordinatenmessmaschinen, um jedes Produkt, dass in irgendeiner Form hergestellt wird zu vermessen und zu bewerten. Heutzutage gibt es mit Lasertechnik viele Möglichkeiten, wie man im Prozess Produkte einfach kontrollieren und überwachen kann.

Zu guter Letzt haben wir den Bereich »Brillenglas«; in 70 Fabriken verteilt auf der Welt werden Brillengläser hergestellt. Auch hier gibt es sehr innovative Produkte, die wir herstellen. Zu dem Bereich gehören auch die Dinge, die mir persönlich Spaß machen: von Gläser, Spektiven, Fotoobjektive und auch Kameras; man beschäftigt sich als »ZEISSianer« mit dem eigenen Produkt in der Freizeit.

Es ist eine Ehre, dass du heute mit dabei bist und etwas aus eurer Praxis erzählst. Wenn wir in die Vision »Industrie 4.0« eintauchen, wo wollt ihr hin? Für Welche Werke bist du zuständig?

Jochen

Meine Abteilung ist relativ klein, wir sind im Kompetenzcenter in der Konzern-IT unterwegs. Wir gehören nicht zu den vorher genannten vier Divisions. Wir versuchen unsere Kompetenz als Service unseren internen Kunden, unsere Fachbereiche in Business Units zur Verfügung zu stellen. Wir haben die Hausaufgabe, ein umfangreiches MES-System zur Verfügung zu stellen. Hier gibt es Business Units, die etwas weiter fortgeschritten sind. Es gibt aber auch welche, die nicht ganz State of the Art sind.

Wir versuchen alle auf ein gleiches digitales Level zu bringen; ein klassisches Buzzword wäre: Ich möchte einfach in der Fertigung kein Papier mehr einsetzen, was muss ich dafür tun? Gleichzeitig wollen wir hier vom Herstellungsprozess Daten gewinnen; Daten sind das neue Gold! Und je mehr ich über das Produkt weiß, desto effizienter kann ich meine Produktprozesse zur Herstellung weiterentwickeln. Irgendwelche Ausschusszahlen und Standzeiten von Maschinen zu verringern und anderweitig den ganzen Prozess zu optimieren, ist hier die Aufgabe. Wissen, wann was wo passiert frühzeitig zu analysieren ist sehr wichtig!

Das klingt nach einer großen Aufgabe für euch in der Rolle der Konzern-IT, da ihr ebenso für mehrere Werke zuständig seid.

Du hast zwar gesagt, du bist in Oberkochen, wirst vermutlich aber auch Divisionsübergreifend für Werke zuständig sein, oder?

Jochen

Wir liefern einen Service, den unsere internen Kunden in den Business Units kaufen, und diese Business Units sind dann für ihre eigenen Werke, für den Prozess verantwortlich; wir sind ein klassisches Cost Center, wo wir Shared Services anbieten und als Enabler für Technologien dienen.

Wenn ich dich bei einem typischen Arbeitsalltag begleiten würde, was sind deine Hauptaufgaben?

Jochen

Der Arbeitsalltag ist geprägt als klassischer Manager, Dinge zu fokussieren, weiterlaufen zu lassen, zu beschleunigen, mich mit einem internen Kunden in Verbindung zu setzen und zu schauen, ob alles läuft; das klassische Operating-Prinzip.

Was meine Kollegen machen ist viel interessanter: Wir haben für uns mit einem großen deutschen Softwarehersteller in Walldorf ein MES-System zusammen integriert und entwickelt, und stellen das mehreren internen Business Units zur Verfügung. Das Ganze haben wir auf Template-Basis gemacht, also hatten Pilotprojekte, die uns ihre Requirements gegeben haben, was sie haben möchten und haben aus diesen unterschiedlichen Templates, reale Templates gemacht. Eins für die Montage, eins für die Automatisierung und eins für die direkte Fertigung und entwickeln diese Templates mit neuen internen Kunden weiter, oder rollen die existierenden in andere Werke aus.

Heute, wo noch Papier im Einsatz ist, das wird versucht zu digitalisieren. Immer zusammen mit dem Fachbereich – ich bekomme Anforderungen, schaue, was ich in meinen Templates bereits abdecken kann, was kann ich davon ausrollen oder muss ich eine zusätzliche Weiterentwicklung der Templates machen, damit der Fachbereich vollumfänglich arbeiten kann?

Was ist die größte Herausforderung, die ihr dort seht? Ist das der Use Case oder eher die Konnektivität auf dem Shopfloor?

Jochen

Ich denke, dass wir den Use Case ganz gut abdecken können, weil der bereits läuft, ich muss ihn nur digitalisieren und kann ihn gegebenenfalls optimieren. Das Problem kann beim Personal auftreten, die nicht verstehen, wieso man ein bereits laufendes System noch optimieren möchte. Bei dem Gewinn ist es eine gewisse Challenge, die Leute zu überzeugen, dass das Ganze in fünf Jahren anders aussehen soll. Das größte Problem, welches wir haben, ist die Heterogenität. Stell dir vor, du hast ein Unternehmen, das 175 Jahre alt ist. Nicht jede Maschine, die es gibt, hat eine OPC UA Schnittstelle. Hier kommt alles raus, was ich mir wünsche. Der Retrofit-Gedanke, der dem Business mehr Funktionen oder auch einfachere Dienste ermöglicht, ist nicht zu unterschätzen.

Einen Drehmomentschrauber aus 1990 anzubinden, der mir am Ende OPC UA liefert, ist das größte Problem. Es gibt so viele Schnittstellen und herstellerspezifische Steuerungen. Jeder Hersteller kann hier machen, was er will, aber ich möchte an die Daten ran und ich möchte sie auch standardisiert bekommen. Und das so schnell wie möglich ins Orchestra übergeben, damit ich dort so viel wie möglich mit anfangen kann.

Wenn unsere Zuhörer ähnliche Probleme haben, würde ich gerne zum Erfahrungsaustausch einladen; genau dazu haben wir im Netzwerk die Experten sitzen. Ich verlinke das Ganze in den Shownotes, hier haben vermutlich viele ähnliche Herausforderungen.

Was sind klassische Datenpakete, die für euch in den Projekten relevant sind?

Jochen

Das hängt von dem Herstellungsprozess ab. Das kann in der Montage sein, dass ich beispielsweise wissen möchte, mit welchem Drehmoment Schrauben angezogen wurden oder ob der Mitarbeiter, der das Produkt gebaut hat, ESD-Schuhe anhatte? Also ist er antistatisch abgeriegelt? Auch Werte oder Anomalien zu erkennen können hier Punkte sein. Beispielsweise kann auch die Qualität beim Bedampfen zu wünschen übrig lassen, weil wir Sommer haben, die Türen offen sind und der Wind durchweht.

Das sind Dinge, wo wir versuchen, Zeit, Geld und Ausschuss zu sparen und effizient zu arbeiten. In den USA und Asien haben wir natürlich auch nochmal andere Anforderungen als hier; das kommt dazu.

Welche Anforderungen waren euch in der Zusammenarbeit mit soffico wichtig?

Jochen

Solche Sachen passieren nicht von heute auf morgen, sondern da steckt eine Historie dahinter. Wir als Unternehmen sind vor längerer Zeit losgelaufen, um 1-zu-1-Verbindungen zu machen. Ein ERP-System war zum Beispiel hart verbunden mit einem Drehzahlsensor an einer Maschine. Wenn die Drehzahl nicht kam, dann konnte das ERP nicht weiter machen und wenn das ERP stand, konnten die Werte der Maschine nicht abgerufen werden.

Man arbeitet heute nicht mehr in solch einer 1-zu-1-Verbindung, sondern man hat sogenannte Layer, die Daten zwischenspeichern können. Die erste große Anforderung war also, ich möchte etwas zwischendrin geschaltet haben und dem eigentlichen Sensor, der mir Daten puffern kann und die Daten nicht nur an das ERP-System gehen, sondern ich genau diese Daten in einen anderen Kanal auch übernehmen kann, zum Beispiel in einen Data Lake.

Durch unsere Arbeit in der Medizintechnik haben wir die Auflage, 30 Jahre nachzuweisen, wer, wann, wie und wo, mit welcher Qualifikation, welche Schraube, mit welchem Drehmoment angezogen hat. Das geht bis hin zur Zusammensetzung einer Charge von Gläsern.

Da kam es euch vermutlich zu gute, dass ihr bereits viel im Gesundheitswesen gearbeitet habt; solche Nachweise muss man dann wissen.

Rica

Klar, Dokumentation ist hier immer ein riesiges Thema und generell Validierbarkeit. Man hat die historisch gewachsenen Landschaften, wenig Standardisierung, hier ist das Gesundheitswesen möglicherweise sogar weiter als die Industrie und das ist etwas, was wir gemeinsam begegnen müssen. Das wird durch das skalierbare Zellenkonzept, wie wir es nennen innerhalb von Orchestra, welches es ermöglicht, Daten auf unterschiedlichen Ebenen zu verarbeiten, transformieren und mappen. Hier kann man es dann da bereitstellen, wo die Daten auch benötigt werden.

Lösungen, Angebote und Services – Ein Blick auf die eingesetzten Technologien [25:13]

Rica, kannst du generell sagen, wer welche Rolle hatte? Jochen, ihr seid aus dem Bereich Services selber die Experten Unit, die selber mit den internen Kunden arbeitet; und Rica, ihr habt eure Rolle um das „Zellenkonzept“ und das Thema Datenbank und Integration mit aufzubauen.

Rica

Das Projekt besteht aus verschiedenen Rollen. Sowohl ZEISS intern, als auch von uns. Wir waren in einer sehr engen Zusammenarbeit, was das Erstellen dieser Templates betrifft. Wir versuchen das Ganze so generisch wie möglich zu machen, um die verschiedenen Systeme der einzelnen BU’s entsprechend anbinden zu können, ohne jedes Mal diesen Aufwand neu zu haben.

Orchestra bietet hier die notwendigen Elemente von Grund auf an; wir nennen das »Channel«. Das sind mehr oder weniger Konnektoren, die verschiedene Systeme über die jeweiligen Protokolle ansprechen können.

Um die Channel herum entwickelt man Kommunikationsszenarien, die individuell sein können, aber nicht müssen, wenn es Prozesse sind, die man systemübergreifend in verschiedenen Bereichen wiederfinden kann. Dann lassen sich auch da generische Templates erstellen und in den einzelnen BU’s ausrollen.

Wir haben also die ganzen unterschiedlichen Prozesse und Use Cases; können wir uns hier von der Datenaufnahme, über die Verarbeitung, bis hin zur Analyse hangeln? Die Datenaufnahme muss über die verschiedenen Schnittstellen passieren. Wir haben einen alten Drehmomentschrauber und ein neues Drehzentrum mit OPC UA, wie funktioniert der Datengewinnungsprozess?

Jochen

Die Datengewinnung ist so, dass wir uns erst mal anschauen, was wir für elektronische Komponenten haben und welche Schnittstellen wir hier haben? Beispielsweise ein Dreh-Bohr-Fräszentrum mit OPC UA Schnittstelle: Ist super, aber ich brauche dazu die Labels, damit ich weiß, ob Drehzahl auch Drehzahl bedeutet und nicht Umdrehungen oder gar etwas ganz anderes. Ich muss erst mal ein Mapping der existierenden Maschine auf einen Standard machen. Das machen wir dahingehend, dass wir die Daten von OPC, kleinen Servern heraus lesen und in ein sogenanntes »JSON-File« packen. Das ist ein ZEISS-spezifisches Dokument, wo die Label gleich sind. Ich kann genau diese Informationen mit Orchestra als Manufacturing Service Bus – so haben wir das Kind getauft, MSB – auslesen, und kann sie über Orchestra in unterschiedliche Zielplattformen genau nach dem Format wieder ablegen.

Ein SAP-System möchte das über eine IDoc-Schnittstelle möglicherweise anders haben, als eine Sequel Datenbank in einem Azure, irgendwo in der Cloud, wo ich eine Langzeithistorie betreibe; das ist der Vorteil. Obwohl ich die Information nur ein mal habe, kann ich sie in unterschiedlichen Zielplattformen nach Vorgaben ablegen. Dazu kann man Szenarien auf dem MSB erstellen und diese Daten werden mir standardisiert abgelegt.

Ihr habt von Templates von Szenarien gesprochen; ist das die standardisierte Schale, die ihr für die Datenkonnektivität aufgebaut habt?

Rica

Hier muss man unterscheiden: Der Channel ist dazu da, die Daten abzuholen. Das Szenario wird mehr oder weniger in unserem Designer modelliert. Hier wird das System übergreifende Datenprozesse modellieren, das heißt es kann beliebig viele Quell- und Zielsysteme geben. Klassischerweise machen wir das über »BPMN«. Wenn man sich so einen BPMN-Prozess vorstellt, der kann sehr klein, aber auch sehr groß und komplex sein, sodass man ebenfalls komplexere Datenprozesse damit relativ einfach über diesen Low-Coding-Ansatz modellieren und mappen kann.

Was ist BPMN nochmal?

Rica

Business Process Modelling.

Ihr habt bei euch auf der Orchestra Channels, die sozusagen dieses Mapping übernehmen und dann kann ich das Ganze modellieren, wo ich diese Datenverarbeitung auch in andere Systeme durchführen kann, oder?

Rica

Genau, das alles visuell! Wir nennen es Low Coding; natürlich Coding ebenfalls ein Aspekt, den wir mitbedienen, man kann es theoretisch aber auch einfach grafisch modellieren. Und auch das Mapping, wo man die Felder, des Quell- und Zielsystems, miteinander verbindet, lässt sich grafisch umsetzen.

Früher war es so, dass ERP-Systeme 1:1-Verbindungen hatte; wie funktioniert die Datenintegration in die einzelnen Layer? Wie funktioniert die Datenverarbeitung in Orchestra?

Rica

Wir haben das Zellenkonzept; also Orchestra läuft auf verschiedenen Ebenen. Wir haben also ein kleines Orchestra Artifakt »Orchestra Juno«. Das läuft sehr klein skaliert, zum Beispiel auf Industriecomputern, kann hier Daten empfangen, Daten aggregieren, Daten puffern und ebenfalls einem zentralen Orchestra über eine sichere Zellenverbindung zur Verfügung stellen. Dort werden die Daten weiterverarbeitet und können unter anderem nochmal einer dritten Orchestra-Instanz, beispielsweise eine Cloud, zur Verfügung gestellt werden.

Juno ist praktisch eine Architekturkomponente, die einfach bei euch läuft, die man einfach nutzen kann und man kann es sich selber »zusammenbauen«.

Wenn wir bei den Use Cases einen Schritt weiter gehen: Wie bekommt ihr diese Datenanalyse auf so einer Basis hin, sodass du, Jochen, die Use Cases am Ende umsetzen kannst.

Rica

Wir bilden mit der Konnektivität die Grundlage für diese Transparenz und für die Sichtbarkeit. Wir liefern die Daten, die für gewissen Prognosen oder auch für das Monitoring benötigt werden, in verschiedenste Monitoring Analytics Systeme, je nachdem, was im Einsatz ist und was analysiert werden soll. Die klassische Datenanalyse wird nicht von uns übernommen, einfach weil es getrennte Bereiche sind; einmal die Dateninfrastruktur und Datenarchitektur und der zweite Bereich ist die Datenanalyse, die jeweils individuell durchgeführt werden kann.

Jochen

Der große Vorteil in unserem Fall ist einfach, dass wir diese Daten über Orchestra als das zentrale System hinüber schieben können. Die Daten, die ich über Orchestra gewinne, kann ich in ein Zeitreihen-Analyse-Tool schieben. Über ein Zeitreihen-Analyse-Tool kann ich herausfinden, wann, wo, was, wie gemacht wurde. Ich kann es in eine ERP-System-Analytics-Cloud schieben; auch dort kann ich die Informationen so aufbereiten, dass ein Prozessmehrwert für den Prozessingenieur entsteht, um daraus Aktivitäten abzuleiten oder Langzeithistorien festzulegen; welches Produkt sich beispielsweise warum schneller erwärmt. Früher hätte man das nie herausbekommen, außer mit qualifizierten Leuten, die ununterbrochen nachschauen.

Heute kann ich das egal wo auch immer, wie der Kunde es möchte, die Daten hin spielen und er kann für sich analysieren, was muss ich tun, um meinen Prozess zu verbessern?

Orchestra ist quasi die zentrale Datendrehscheibe, um am Ende die Informationen aufzubereiten und hier ist es im Fall von ZEISS so, dass ihr ordentlich »Man-Power« habt, aber auch kleinere Unternehmen unterstützt, das Ganze aufzubauen.

Ergebnisse, Geschäftsmodelle und Best Practices – So wird der Erfolg gemessen [34:21]

Habt ihr Insights zu dem Business Case für die Datendrehscheibe?

Jochen

Wir haben in der Kombination, dass wir Daten strukturiert aufbereitet bekommen viele Vergleichsmöglichkeiten. Ich kann Linien miteinander vergleichen, ebenso Produkte Rohmaterialien. Der andere Business Case ist: Ich optimiere meinen Herstellungsprozess; ich kann auch Predictive Maintenance durchführen und wir haben wirklich gute Return on Invests, wo Prozessingenieure mit viel Schrauben nicht mehr hinkommen. Wir haben uns dann die Daten angeschaut und festgestellt, dass an diversen Stellen Dinge passieren, könnten wir durch vorherigen Abbruch eine Reinigung an dem Gerät durchführen? Somit wäre die nächste Charge in Ordnung; ansonsten wäre sie vielleicht kaputt gegangen.

Wichtig ist auf jeden Fall, nicht alles auf einmal zu machen, sondern schauen, wo man mit geringem Aufwand, maximal Wertigkeit machen kann, damit es zum Selbstläufer wird. Was man nicht machen sollte ist, während laufender Implementierung meine Architektur ändern. Ich muss mir im Vorfeld Gedanken machen, was eine 80/20-Architektur sein könnte; Anpassungen gibt es immer, Produkte verschwinden, neue kommen hinzu.

Ich brauche eine Systemlandschafts-Overview, muss die Prozesse dahinter verstehen und dann kann ich mit einem loslegen. So haben wir das auch gemacht! Zwei Pilotenprojekte gestartet mit unterschiedlichen Templates, die wir in dem Geschäft knapp 30 mal ausrollen dürfen. Das ist nicht ganz ohne, aber das wird nur gehen, nachdem wir nun nicht mehr in die Architektur eingreifen. Das muss ein mal fest sein; von der Namenskonvention angefangen und bei Perfomance, was Orchestra liefern soll aufgehört. Ich habe zum Beispiel eine klassische drei-System-Landschaft. Ein Entwicklungssystem, ein Qualitätssystem und ein Produktivsystem. Hier kann ich am Schluss nicht sagen, dass eins reichen würde. Es würde keine Minute dauern und die Maschine steht still.

Rica, hast du noch Erfahrungswerte aus anderen Projekten?

Rica

Ich kann das absolut unterstreichen und sagen, dass ZEISS hier unglaublich weit ist, es ist dort sehr visionär und strategisch durchdacht. Ich kann nur positive Erfahrungen mitnehmen, im Vergleich zu Unternehmen, die historisch wachsen mit 1:1-Schnittstellen. Wir nennen es irgendwann »Spaghetti-Interfacing« wenn man die einzelne Verbindung aus der Schnittstellen-Vielfalt gar nicht herausfinden kann. Wer das Ganze strategisch angeht, sich das mit einer Architektur aufbaut, der hat sehr viel gewonnen; das ist die Haupterfahrung aus anderen Projekten. Im Vorfeld Gedanken machen, wie die Architektur aussehen kann und schon hat man eine gute Vorarbeit geleistet!

Du würdest es auch so sehen, dass der Trend in der Zukunft da hingeht, dass jeder produzierende Betrieb ein universelles System hat und jegliche Maschinen anbindet? Es macht zumindest Sinn, wenn man nicht gerade einen Marktführer an Maschinenhersteller bei sich im Feld verbaut hat.

Jochen

Viele Maschinenhersteller liefern inzwischen eigene Systeme und Clouds über die Daten von den Maschinen oder was von Sensorik abgeholt werden kann. Dann mach ich mir aber einen großen bunten Blumenstrauß von unterschiedlichen herstellerspezifischen Clouds und bekomme es nicht zusammen. Wenn ich sage, dass ich nur diese Maschinen im Einsatz habe und auch in Zukunft nur diese behalten möchte, dann ist das okay.

Sobald etwas spezielles dazu kommt und ich benötige diese Daten auch, dann brauche ich etwas Universelles.

Rica

Ich sehe das genauso, das gesamte Ökosystem ist relevant und dieser Best-of-Breed-Ansatz setzt sich durch, einfach weil man sich eine gewisse Unabhängigkeit bewahren möchte. Da macht es Sinn, sich die richtigen Partner zu holen und sich nicht im gesamten Prozess an einen Hersteller zu binden.

Das ist auch der Ansatz von IoT Use Case: Dass man ein Ökosystem schafft und ich glaube, dass sowohl der Maschinenbau als auch die Komponentenhersteller, die Daten aus Verschleißgrenzen ihrer Komponenten irgendwo in IoT Services verpacken. Auch hier macht es keinen Sinn eine eigene Cloud-Infrastruktur aufzubauen. Es gibt aktuell den Trend, jedoch ist die Frage, wie sich das entwickelt in der Zukunft, da theoretisch jeder produzierende Betrieb offen Daten abfangen will, für einen spezifischen Use Case.

Jochen

Das ist einfach eine Philosophie; setze ich jetzt etwas aus »OpenSource« ein, setze ich was von einem Hersteller an, an den ich vielleicht gebunden bin oder versuche ich eine Lösung zu finden? Hilfreich ist, da ist die Firma soffico ebenfalls Mitglied, die Open Industry Alliance 4.0. Hier ist es einfach so, dass sich unterschiedliche Hersteller zusammentun, um offene und wechselseitige, mögliche Standards zu generieren.

Wenn jemand als einziger ein Auto herstellt, das mit Schrauben verbaut wurde, mit einer Steigung von 1,5, dann hat er zwar ein schönes Auto, jedoch gibt es keinen anderen, der diese Schrauben liefern oder herstellen will, dann kommt er einfach nicht an Ersatzteile. Ich war viele Jahre bei einem namhaften finnischen Mobilfunkhersteller und habe unter anderem Bluetooth Tests, beziehungsweise Kompatibilitätstests betreut. Das war bereits vor 25 Jahren eine Challenge, bis man sich dazu durchgerungen hat Standards zu machen; egal ob der Hersteller aus Schweden oder aus Finnland dabei ist; man hat sich zusammen getan, um einen weltweiten Bluetooth Standard zu entwickeln.

Das war ein schönes Schlusswort! Man hat sehr gut verstanden, wie eure Technik funktioniert, rund um die Datendrehscheibe. Ein sehr spannendes Projekt; Respekt an euch! Vielleicht hört man sich nochmal, danke für eure Zeit!

Bis zum nächsten Mal!

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.

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Ing. Madeleine Mickeleit

Host & Geschäftsführerin
IoT Use Case Podcast