Kläranlagen haben hohe Wartungskosten, da sie von Technikern vor Ort überprüft werden. Eine digitale Lösung mit Cloud-Anbindung ermöglicht die Echtzeit-Überwachung aus der Ferne – inklusive der Ermittlung des Energieverbrauchs.
Die Herausforderung: Energie und Instandhaltung bewirken hohe Kosten
Eine Kläranlage ist deutlich mehr als nur eine Abfolge von Wasserbecken. Dazu gehören auch Pumpen, die das Abwasser in der Anlage befördern und Gebläse, die mit Luft das Absetzen der Sedimente erleichtern. Da dieser Prozess Trinkwasserqualität erreichen soll, müssen sämtliche Verdichter und Gebläse ölfrei arbeiten.
Bei einer typischen Kläranlage entfallen 60-70 Prozent der Energiekosten auf diese Maschinen – so auch beim Gemeinschaftsklärwerk Bad Pyrmont-Lügde, wie eine Energieanalyse des Betreibers zeigt. Die Anlage ist auf eine maximale Belastung durch etwa 65.000 Einwohner ausgelegt, angeschlossen sind im Moment etwas mehr als 43.000 Einwohner in Bad Pyrmont und der Nachbarstadt Lügde.
Das Klärwerk wurde vor einigen Jahren grundsaniert, nun steht der nächste Modernisierungsschritt an: Die Digitalisierung der Maschinerie, um Energiekosten zu senken. Darüber hinaus vereinfachen digitale Lösungen auch die Instandhaltung. Klärwerke liegen außerhalb der Gemeinden, so dass die regelmäßige Überprüfung der Anlagen aufwendig ist. Für die Pumpwerke sind es in Bad Pyrmont sogar 16 Kilometer Anfahrt.
Die Lösung: Reguläre Überwachung der Betriebsparameter
Für die Einführung digitaler Lösungen arbeitet das Klärwerk mit Aerzen Digital aus Hameln zusammen. Der Digitalisierungsspezialist ist ein Tochterunternehmen des Aerzen Konzerns, einem Anbieter von Gebläsen und Verdichtern für die Abwasseraufbereitung. Dessen Lösung AERprogess bietet mit datenbasierten Services neue Möglichkeiten zur ressourcenschonenden, energieeffizienten Gestaltung von Prozessen.
AERprogess ist eine modulare Lösung, die Überwachung und Monitoring der gesamten Anlage, präventive Instandhaltung und Kontrolle des Energieverbrauchs bietet. Sie ermittelt CO2-Werte, Energiekosten und Luftqualität. Die Daten gelangen in die Leitwarte, werden dort verarbeitet und anschließend in die Cloud gesendet.
Bereits das Basismodul mit Überwachung und Monitoring erleichtert den Betreibern des Klärwerks die Arbeit: Sie erhalten alle Informationen über den aktuellen Zustand der Anlagen und werden frühzeitig auf Probleme aufmerksam. Die beiden zusätzlichen Module für Condition Monitoring und Energiemanagement erhöhen die Effizienz noch deutlich.
Die digitale Lösung erkennt mögliche Störungen bereits dann, wenn ein Ausfall noch in weiter Ferne ist. Dadurch verlängert sich die Lebensdauer der Anlage und die Kosten für die Instandhaltung sinken. Das Energiemanagement hilft dabei, die Energiekosten zu überwachen und durch passende Maßnahmen zu senken.
Das Ergebnis: Höhere Effizienz und Nachhaltigkeit
Die datenbasierte Überwachung ermöglicht es den Betreibern des Klärwerks, ihre Maschinen kontinuierlich zu beobachten und nicht wie bei einem regelmäßigen Wartungsrundgang nur zu einem bestimmten Zeitpunkt. Dadurch werden Probleme früher erkannt und Stillstandzeiten verkürzt. Unter anderem ist es nun möglich, Ersatzteile frühzeitig zu bestellen. Es ist nicht mehr notwendig, mit vorhandenen Teilen Reinigung und Betrieb durch Reparaturversuche aufrechtzuerhalten.
Das Monitoring hilft auch beim Senken der Energiekosten. Ein Beispiel: Zahlreiche Bauteile wie Luftfilterpatronen haben einen erhöhten Energieverbrauch, wenn sie stark abgenutzt sind und das Ende ihres Lebenszyklus erreicht haben. Durch die Überwachung des Energieverbrauchs ist es den Betreibern möglich, die Abnutzung frühzeitig zu erkennen und die entsprechenden Teile auszutauschen, bevor sie bis zum Ausfall hohe Kosten verursachen.
Letztlich dient die Digitalisierung auch der Nachhaltigkeit und der Vermeidung von Wasserknappheit. Die Trockenheit der Jahre 2018-2020 hat gezeigt: Selbst im grundsätzlich regenreichen Mitteleuropa gibt es Regionen mit Wasserknappheit. Eine Lösung für dieses Problem ist die Aufbereitung von industriellen Kommunalabwässern zu Frischwasser, dass sowohl als Trinkwasser als auch in der Landwirtschaft eingesetzt werden kann. Digitalisierung bietet hier Chancen, die noch zu wenig erkannt werden.